Schon wieder so ne extrem flache Soziologen-Frauen-Promotion
Immer wenn ich denke, die Soziologie ist bei Null angekommen, noch anspruchsloser und flacher geht’s nicht mehr, unterbieten sie sich aufs neue.
Wann schmeißen die die Soziologen endlich mal aus den Universitäten und stufen sie so ein, wie diese amerikanischen Pseudokirchen, die Doktorgrade in Ufologie und Geisterbeschwörung für 39 Euro auf eBay anbieten?
13 Kommentare (RSS-Feed)
ich glaube in dem artikel geht es eher um eine tv serie, als die realität
falls dem nicht so wäre, wäre es doch recht übel
Ist eine Doktorarbeit über „Pick Up Artists“, also über eine real existierende Gruppe von Männern, die Frauen verführen wollen und teilweise auch können, wirklich so flach?
Es ist doch Aufgabe der Soziologie neue gesellschaftliche Gruppen unter die Lupe zu nehmen.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn einer wissenschaftlicher Beschäftigung mit dieser Gruppe die Wissenschaftlichkeit aberkannt wird. Meines Wissens rekrutiert sich die PUA-Community zu einem guten Teil aus Nerds, die im trail-and-error Verfahren erfolgversprechende Routinen (Algorithmen) zum Aufreißen von Frauen entwickeln.
Diese spezielle Männerbewegung hat schöne und hässliche Seiten. Wer sich zumindest über die US-amerikanische Variante dieser Subkultur informieren möchte, der kann das mit Hilfe des neuesten Buchs von dieser Feldforscherin tun: http://clarissethorn.com/blog/about/
Der Klick auf das Buch führt auf die Seite von Amazon mit der Möglichkeit einer Leseprobe.
Der Text ist persönlich im Stil, also nicht akademisch.
Nicht alles, was Aufgabe ist, ist auch promotionswürdig.
Eine Gruppe unter die Lupe zu nehmen ist zunächst mal nur die Anwendung dessen, was man gelernt hat, also die Ausübung des Diploms/Masters/etc., aber noch lange kein wissenschaftlicher Fortschritt oder selbständiges wissenschafliches Arbeiten.
Die Promotion ist nicht die Wiederholung des Studienabschlusses.
>>aber noch lange kein wissenschaftlicher Fortschritt
Ich war der (evtl uninformierten) Meinung, dass eine Dissertation die Fähigkeit zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachweisen soll, was ja auch heute noch vorkommt, aber nicht unbedingt einen “echten” wissenschaftlichen Fortschritt/Erkenntnisgewinn darstellen muss, was ja wohl eher selten ist. Ist das so?
Als Beispiel könnte ich etwa einen Waschmitteltest durch repräsentativ zusammengestellte Test- und Kontrollgruppen (Soziologie), Doppelverblindung, Tiefeninterviews der Testerinnen (mit kleinem i *smile) zum Ausschluss von Bias (Psychologie), quantenmechanische Analyse der Tensid-/Schmutz- und der Schmutz-/Hemdbindung (Chemie), Nanoverwiegung des Pulvers (Maschinenbau) und Massen- sowie Farbspektrometrie (Physik) der Hemden so auf verschiedene Disziplinen aufteilen und auf drei Jahre aufblasen, dass es für je einen “Dr.” reichen müsste, oder nicht? Titel der Arbeit natürlich nach Präferenz der Uni und Neigung der Profs.
Fortschritt null, aber Selbständigkeit nachgewiesen, oder nicht? Ich meine das wirklich als Frage. Womit ich mich aber nicht mit den ehrlichen Doctores anlegen will 🙂
“Ich war der (evtl uninformierten) Meinung, dass eine Dissertation die Fähigkeit zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachweisen soll”
Dazu ist der “normale” Bachelor- oder Mastergrad da. Für einen Doktorgrad müssen (Natur)wissenschaftler eigentlich wirklich einen Beitrag zur Forschung leisten, und nicht nur irgendwas reproduzieren, was andere schonmal getan haben.
“Selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten” wäre ja z.B. auch eine Messreihe über irgendwelche Stoffkonstanten in der Chemie. Die kann man aber auch alle in Tabellen nachlesen, weil sie schonmal jemand erforscht hat, und auch wenn man sie für seine Arbeit nicht aus den Tabellen abschreibt, sondern selbst ermittelt, wird man so nicht Dr. Chem. . So wird man genaugenommen nichtmal Bachelor Sc. .
Hadmut sagt: „Eine Gruppe unter die Lupe zu nehmen ist zunächst mal nur die Anwendung dessen, was man gelernt hat, also die Ausübung des Diploms/Masters/etc., aber noch lange kein wissenschaftlicher Fortschritt oder selbständiges wissenschaftliches Arbeiten.“
Man stelle sich vor, jemand hätte mal zu Alexander von Humboldt gesagt: „Eine Pflanze unter die Lupe zu nehmen ist zunächst mal nur die Anwendung dessen, was man gelernt hat, also die Ausübung des Diploms/Masters/etc., aber noch lange kein wissenschaftlicher Fortschritt oder selbständiges wissenschaftliches Arbeiten.“
Der Fortschritt für die Wissenschaft liegt in beiden Fällen in der Beschäftigung mit etwas Neuem: Neue Gruppe, neue Pflanze, usw. Der Forscher leistet demzufolge Pionierarbeit!
Die Einführung einer neuen Methodik, als einziges Kriterium, ist meiner Meinung nach nicht zwingend notwendig für die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Disziplin. Neue verbesserte Theorien bringen die Wissenschaft genau so gut weiter, einfach aufgrund neuer Beobachtungen. Neue Methodik kann hier hilfreich sein, muss aber nicht.
Auch würde ich den Beitrag von Reproduktion und Validierung in der Wissenschaft in Form von Doktorarbeiten nicht kleinreden wollen. Ergebnisse von Wirtschaftsmodellen gehen oft durch, ohne eine Reproduktion von Ergebnisdaten, und das ist ein Fehler. Hier würde die Reproduktion von Ergebnissen die Wissenschaft in dem Bereich vor Irrwegen bewahren.
Der Punkt an Dich, Oppi, das hab ich verstanden. Inkl den Hinweis auf die entspr Gepflogenheiten in der Naturwissenschaft (Singular). Ich zweifel ja immer schon, wenn eine Disziplin sich selbst in der Mehrzahl bezeichnet (“xxxwissenschaften”).
Aber wenn das Verfahren zur Ermittlung der Tabellenwerte neu ist? Oder um in meinem Beispiel zu bleiben: Wenn ich auf die beschriebene Weise nur *neue* Waschmittel teste oder solche, die noch nicht auf dem Markt sind? Das interdisziplinäre Verfahren ist doch total innovativ. Sozio-psychologischer Waschmitteltest!! Nah am Doktorgrad, je nach Uni und Prof?
Zumindest die Soziologin (mit “…unter besonderer Berücksichtigung von…” im Titel der Arbeit) und der Psychologe (“…zum sicheren Ausschluss von…”) im Team hätten doch gute Karten.
Das Kriterium “wissenschaftlicher Fortschritt” ist m.E. kaum mehr wichtig oder überhaupt einhaltbar, und die Selbständigkeit immer weniger. Der Wissenschaftsbetrieb scheint mir gerade anzufangen, sich diesbezüglich einzuigeln.
Was mir als Nichtakademiker nicht so ganz klar ist, wieso jemand, der nicht wissenschaftlich arbeitet, diesen Titel überhaupt führen soll. Von dem Quatsch, das akademische Titel Namensbestandteil sind, ganz abgesehen. Müsste das alles nicht auch für militärische Ränge, Kapitänspatente, Meisterbriefe und sonstige Berufsabschlüsse gelten? Was ist da an einem BA oder MA so besonders? * grummel
“in der Naturwissenschaft ”
In den Naturwissenschaften. In diesem Fall sind es halt in der Tat mehrere. Es gibt ja kein Fach “Naturwissenschaft”, sondern es ist ein Sammelbegriff für Physik, Chemie, Biologie und so weiter.
“Aber wenn das Verfahren zur Ermittlung der Tabellenwerte neu ist?”
Dann sind das Ergebnis der Arbeit nicht die Werte sondern die Bestätigung dass dein tolles Verfahren korrekt arbeitet. Und dann sollte man das natürlich noch für was anderes brauchen können als die Bestätigung bereits bekannter Werte.
In jedem Fall musst du immer irgendwas machen, was genau so noch niemand vor dir gemacht hat. Und je höher der akademische Grad ist, den du willst, desto weiter musst du weg vom Beckenrand des Bekannten.
Wissenschaftlicher Fortschritt nicht einhaltbar ? Das heisst du bist der Meinung wir nähern uns der Grenze des theoretisch erforschbaren Wissens ? Woran machst du das fest ?
Der Unterschied zu Meisterbriefen u.ä. liegt im Schwierigkeitsgrad. Und da halt besonders im Kriterium “selbstständiges Erforschen neuen Wissens”, das so nur bei akademischen Titeln gefordert ist. Und warum einen Titel den man hat nicht führen ? Das Wissen und die Fähigkeiten die man erworben hat, sind ja auch in anderen Bereichen als der direkten Forschung weiterhin nützlich, und dass man sie hat, spricht für einen. Bildung ist doch nicht nur dazu da, sie direkt im Beruf anzuwenden.
>> Das heisst du bist der Meinung wir nähern uns der Grenze des theoretisch erforschbaren Wissens ?
Nein ganz und gar nicht!! Sorry für ein evtl Missverständnis hier! Es wird nur immer schwerer, als einzelner (“selbständig”) einen Beitrag zum Wissen zu leisten. Ich weiß, selbständig ist nicht dasselbe wie allein, aber es wird eben immer schwerer, und ich meine, dass in der Praxis genau deshalb auf dieses Kriterium immer weniger Wert gelegt wird. Die ganzen Korrelationen, die die Mediziner da immer titelwürdig auftun … und das sind doch sogar Naturwissenschaftler? Auch wenn an den Unis praktisch keiner mehr lernt, was “Wissenschaft” überhaupt ist.
>> Der Unterschied zu Meisterbriefen u.ä. liegt im Schwierigkeitsgrad.
So sollte es in der Tat sein. Bezogen auf die Praxis stelle ich das aber einfach mal in Abrede. Und nach dem Titelgewinn: Nicht wenige Profs und Dres brauchen in ihrem ganzen Leben wenig bis nichts mehr dazuzulernen, aber frag mal z.B. einen Heizungsbauer nach seinem Fortbildungspensum. Die Überlappung ist doch erheblich.
>> Und warum einen Titel den man hat nicht führen ?
Üblich ist das m.W. überwiegend in Deutschland und Österreich. In vielen anderen Ländern ist der akademische Grad nur im akademischen Umfeld relevant und wird sonst nicht verwendet. Das Argument gälte, wie ich schon sagte, ja auch für jeden “mühsam” erworbenen anderen Titel. Ein tatsächlich relevanter Unterschied ist übrigens, dass der Akademiker während seiner Ausbildung nicht oder kaum bezahlt wird.
>> Bildung ist doch nicht nur dazu da, sie direkt im Beruf anzuwenden.
Da sind wir uns einig. Mein pessimistischer Standpunkt ist aber, dass die Unis immer weniger “bilden” und immer mehr nur “ausbilden”. So wie in den meisten Fächern ein Statistikschein (heißt das noch so?) gemacht werden muss, sollten auch ein-zwei Stunden Philosophie pro Woche vorgeschrieben sein, vor allem Wissenschafts- und Erkenntnistheorie *tagträum bisschen Wissenschaftsgeschichte noch…
Das Thema ist mitnichten flach! Bei PU geht es nämlich nicht nur um das Testen von Routinen im trail-and-error Verfahren, sondern um eine genaue Analyse von Ziel, zur Verfügung stehenden Mitteln und der daraus abgeleiteten, möglichst erfolgversprechenden Strategie. Das geht über unbekannte Menschen schnell und verlässlich einschätzen, neurolinguistische Programmierung, Rollenverhalten, soziale Wertigkeiten, Gruppendynamik usw. usf. und ist vor allen Dingen kulturell höchst heterogen.
Das Interessante dabei ist, dass PUAs nachweislich mit Routinen großen Erfolg haben, die auf eindeutigen Geschlechterrollen basieren. Auch Frauen, die PU kennen, und sogar Feministinnen sprechen darauf an, obwohl PUAs diese “harten” Ziele eigentlich eher weniger gern wählen, weil meistens nach dem Minimal-Prinzip agiert wird.
PU ist aus soziologischer Sicht eigentlich DAS Thema schlechthin, denn es geht um Sex, im weiteren Sinne also Arterhaltung (obwohl das in der heutigen Zeit voneinander entkoppelt ist). Alle menschliche Anstrengungen zielen letztendlich nur darauf ab.
Man könnte ja mal googeln. Diese Frau schreibt, malt, inszeniert (die Qualität mag beurteilen, wer etwas davon versteht) und hat zur Selbstverwirklichung wohl keine Genderei nötig. Über das Thema hat sie schon publiziert. Gibt es denn genauere Angaben wo und möglicherweise wann die Arbeit erscheint? – Dann lesen wir nach und bewerten.
@sarge
Dass PUA nicht flach sind, bedeutet dass die Untersuchung der Methoden/Ziele(das sind die Frauen) der PUAs interessant sind, nicht aber notwendigerweise, dass die PUAs als eigene Gruppe interessant sind.
Tatsächlich würde ich erwarten, dass die PUAs als Gruppe sogar völlig uninteressant sind.
Etwa die Motivation die von Langeweile über Selbstwertgefühlsteigerung bis zu “Weil ich es kann” reichen dürfte. Wirklich nicht interessant.
Wenn die Tatsache, dass die junge Dame ihr Abitur schon mit 16 Jahren gemacht hat bedeutet, dass sie hochbegabt ist, dann ist es doch eigentlich zum Heulen wenn sie ihr Potential in Bereichen vergeudet die die Menschheit weder technologisch noch zivilisatorisch auch nur einen Schritt weiter bringen.
Ich hatte damals beim Mathematik-Studium auch eine Kommilitonin die ihr Abitur bereits mit 16/17 gemacht hat; nur hat die Dame eben nach dem Abitur ein (anspruchsvolles) MINT-Fach studiert anstatt ihre Hobbies zum Studium bzw. zur Promotion zur Erheben… 🙂
meine 0,02 €
P.S.: Wäre ein Doktorgrad in Ufologie nicht ein witziges Weihnachtsgeschenk? Wobei natürlich zu klären wäre, inwieweit amerikanische Doktorgrade aus esoterischen Bereichen bei uns anerkannt werden.