Ansichten eines Informatikers

Kommentar eines Zahnarztes

Hadmut
29.9.2023 13:33

Ein Zahnarzt vom Lande schreibt mir zur Merz-Flüchtlings-Zahnersatz-Diskussion:

Zu Beginn der großen Flüchtlingswelle durften die Leute nur notfallmäßig auf Schmerzen behandelt werden. Es musste dafür beim Sozialamt ein Behandlungsschein angefordert werden. Das ganze war abenteuerlich, weil das Sozialamt hoffnungslos überlastet war und teilweise die Leute die bei uns auf dem Stuhl gelandet sind noch nicht mal registriert hatte. Die Scheine, die man VOR der Behandlung anfordern musste, konnten deshalb teilweise frühestens 2 Wochen NACH der Behandlung überhaupt erst ausgestellt werden. Natürlich haben wir die Schmerzfälle trotzdem behandelt, hatten aber immer das wirtschaftliche Risiko bezüglich einer Nicht-Bezahlung durch das Sozialamt im Nacken..

Die Behandlungsmöglichkeiten auf Schein (das was Frau Faeser in X geschrieben hat..) war tatsächlich auf ein Minimum beschränkt. Zahnersatz oder Füllungen ohne vorhandene Schmerzen gab es nicht. Man durfte tatsächlich nur eine reine Schmerztherapie durchführen – meistens bedeutete das die Extraktion.

Irgendwann hat sich das dann komplett gewandelt. Scheine werden bei uns praktisch gar nicht mehr benötigt, weil praktisch jeder direkt ein Versicherten-Kärtchen der AOK vorlegen kann. Mit Besitz des Kärtchens hat man auch Anspruch auf den kompletten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Viele der Flüchtlinge haben tatsächlich auch kräftigen Behandlungsbedarf. Besonders die muslimischen Flüchtlinge (egal welcher Herkunft) strotzen oftmals vor Karies und viele der zahlreichen Kinder benötigen viele Füllungen und Extraktionen im Milchgebiss – nicht selten in Narkose. Drei- oder vierjährige Kinder mit nicht mal mehr einem gesunden Zahn im Mund sind keine Seltenheit. Dummerweise dauert es oftmals auch nach einer Sanierung nicht lange, bis wieder weitere Löcher auftreten. Die mangelhafte Zahnpflege und der Konsum von Zucker scheinen bei dieser Bevölkerungsgruppe häufig zu sein..

Zahnersatz wird dagegen eher selten gewünscht. Das liegt aber weniger daran, dass die Leute mit ihren Lücken zufrieden wären, sondern daran, dass die GKV nur “ausreichend und zweckmäßig” bezahlt. Scheinbar ist eine Lücke weniger schlimm als ein herausnehmbarer Zahnersatz (Klammerprothese) oder eine Vollguss-Brücke (=silber) im Seitenzahnbereich. Auch nicht-weiße Füllungen werden häufig abgelehnt. Zuzahlungen werden teilweise von Flüchtlings-Hilfsorganisationen übernommen oder vom Freundeskreis bezahlt. Hin und wieder wird nachgefragt, warum denn keine Implantate von der AOK bezahlt werden.. Die Erläuterung, dass Implantate kein Bestandteil der GKV sind wird enttäuscht hingenommen, allerdings nicht selten mit dem Hinweis, dass es irgendwo im Bekanntenkreis mindestens eine Person gibt, die das angeblich “auf Kasse” bekommen hat.. Ich kenne allerdings niemanden. Auch für Flüchtlinge muss der normale Weg beschritten werden und ein Zahnersatz nach Richtlinien beantragt werden. Sonderregelungen gibt es da nicht.

Nehmen die Flüchtlinge jetzt den Deutschen die Termine weg? Naja.. die Behandlung von Flüchtlingen ist auf jeden Fall zeitintensiver als die von Deutschen. Das liegt an der oftmals gewaltigen Sprachbarriere und dem mühsamen Übersetzen mittels 3-Jähriger Dolmetscher-Kinder oder Google-Translate. Oftmals ist die “Kopftuch-Fraktion” auch deutlich sensibler als die Einheimischen. Es braucht die doppelte Dosis Anästhetika und die doppelte Einwirkzeit. Das gilt übrigens nicht für die “Ostblock-Flüchtlinge”. Ukrainer, Russen, Polen usw. sind im Gegenteil sehr hart im nehmen und halten deutlich mehr aus als der Durchschnittsdeutsche..

Durch den hohen Behandlungsbedarf sind natürlich auch viele Folgebehandlungen nötig, so dass dadurch natürlich auch nochmal Zeit gebunden wird. Man kann es also überspitzt schon so formulieren, dass durch die Behandlung von Flüchtlingen die Zeit fehlt, um Deutschen einen schnelleren Termine anbieten zu können. Allerdings würde das auch für Karies-intensive Deutsch gleichermaßen gelten Wer viel Behandlungsbedarf hat, blockiert nunmal Termine für die anderen.

Der Allgemeinarzt nebenan schimpft allerdings auch immer wieder, dass seine Zeit damit verschwendet wird, dass regelmäßig Flüchtlinge die Praxis aufsuchen und Atteste benötigen um nicht am Deutschkurs teilnehmen zu müssen. Es leider schon so, dass umso mehr Leute untersucht werden müssen, umso häufiger auch Fehler passieren können. Insofern sind die Flüchtlinge schon eine Belastung für das Gesundheitssystem und verschlechtern dieses dann logischerweise auch für die Deutschen. So ganz hat deshalb Herr Merz mit seiner Aussage wohl nicht unrecht.. Das alles ist natürlich eine sehr subjektiver Eindruck. Es wäre durchaus interessant, wie das andere direkt beteiligte Ärzte/Zahnärzte so empfinden..