Ansichten eines Informatikers

Der Wandel der politischen Rhetorik: Auf der Suche nach Lösungen

Hadmut
23.10.2023 10:46

Fällt mir immer wieder und auch jetzt gerade wieder auf: Alle sind auf der Suche nach Lösungen.

Leserzuschrift:

Darwin

Hallo Hadmut!

Man wird ja zur Zeit überflutet mit Analysen zum Thema Isreal/Palästina. Jeder sucht nach Erklärungen oder Rechtfertigungen oder liefert gefragt oder ungefragt welche, meistens basierend auf moralischen, religiösen oder historischen Begründungen. Allen gemeinsam ist, dass sie eben nur das sind, Erklärungen und Rechtfertigungen, aber überhaupt keine Lösungen enthalten.

Könnte das daran liegen, dass das (im Gegensatz z.B. zur Urkaine) gar kein politischer Machtkonflikt ist, sondern dass sich hier gerade die Menschheit in zwei Populationen teilt, und am Ende halt die „gewinnt“, die am „fittesten“ ist?

Oder aus der Sicht eines außerirdischen Beobachters: Was ist an diesem Konflikt eigentlich anders als an dem zwischen Homo Sapiens und Neandertaler? Hätte man den irgendwie „politisch“ lösen können?

Viele Grüße

Ja, kann sein. Rudelmechanik im großen Maßstab eben.

Anders, als die Kommunisten/Marxisten suggerieren, wohnt dem Menschen eine gewisse Grundaggressivität gegenüber „anderen“ inne, und der ist evolutionär auch dringend notwendig, um ab einer gewissen Bevölkerungsdichte gegen Konkurrenten bestehen zu können. Denn wer das nicht tut, der verliert und stirbt aus. Deshalb ist der Sozialismus auch nicht überlebensfähig, was man gerade an Deutschland sieht. Insofern haben wir gerade nicht exakt ein „survival of the fittest“, sondern ein Aussortieren der Unfitten. Wir Deutschen/Weißen/Westlichen sterben gerade an unserem eigenen Sozialding aus, genauer gesagt, an der Folge der Verweiblichung. Es ist erstaunlich, wie schnell Toleranz und Feminismus zum eigenen Aussterben führen, da reichen zwei, drei Generationen. Denkzettel der Evolution: Sei patriarchalisch und mach’ der Frau 5 bis 10 Kinder. Die Evolution zeigt uns gerade, dass wir nicht reproduktionsfit sind, und die Frage, wie eine feministische Gesellschaft – die sich ja immer als Paradies versteht – eigentlich überleben soll, wenn die Frauen keine Kinder mehr kriegen, konnten mir weder Feministinnen noch die Genderasten je beantworten.

Mir fällt aber etwas ganz anderes auf: Auch dieser Leser beklagt sich, dass alle schimpfen und Vorwürfe machen und analysieren, aber keiner eine „Lösung“ bringt.

Das ist nicht neu. Das fällt mir schon seit geraumer Zeit in Politik und Medien auf, dass man immer dünnhäutiger und empfindlicher auf Kritik reagiert und sie verbieten will, und dann lauthals schimpft, dass man keine Kritik, sondern „Lösungsvorschläge“ haben will, und man doch bitteschön eine „konstruktive Opposition“ brauche, und besonders gegenüber der AfD wird der Vorwurf besonders oft erhoben, dass sie dem Volk nach dem Mund redeten, aber keine Lösungen hätten. Im Prinzip hört man das immer wieder, dass die Ampel jetzt von der AfD erwartet, dass die ihnen aus der Patsche helfen.

Ich finde das psychologisch überaus beachtlich.

Denn es zeigt, dass die bisher bestehende Arroganz, Überheblichkeit, Selbstherrlichkeit und die Überzeugung, dass nur man selbst, das linke Lager, die wären, die die Lösungen wüssten und hätten, und eh immer alles besser wissen, so langsam der Erkenntnis, dass man sich in eine Sackgasse, in eine Krisensituation gefahren hat, und einem Zustand weichen, der von Ratlosigkeit über Verzweiflung bis Panik ansteigen wird.

Achtet mal drauf.

Die bisherige politische Rhetorik, vor allem bei SPD und Grünen, war immer „Wir sind die, die die Lösungen haben, und Ihr nur rechter Dreck“, auch gegenüber der CDU.

Und jetzt: „Haltet die Klappe und bringt Lösungen. Ihr seht doch, dass wir gerade dringend nach Lösungen suchen!“

Das fällt mir übrigens nicht nur im Großen bei der allgemeinen Politik auf. Das geht mir auf einer viel kleineren, persönlicheren Ebene, wenn auch deutlich schwächer, genauso. Wenn ich früher immer über Universitäten, Professoren, mein Promotionsverfahren geschrieben habe, kam hin und wieder „Wäh, bist Du doof, Du kannst nur nicht verknusen, dass Du durchgefallen bist, weil Du zu schlecht bist, und maulst jetzt rum!“. Das kommt seit drei, vier Jahren – genau kann ich es nicht eingrenzen, gefühlt so vielleicht seit ein, zwei Jahren vor der Pandemie – nicht mehr, stattdessen jetzt eher so „Lösungen oder Ideen, was man tun könnte, haben Sie auch nicht“.

Das ist ein erstaunlicher Effekt. Denn früher, als man sich noch für supergut und siegesgewiss hielt, hielt man die Kritiker alle für Idioten. Und jetzt, wo man merkt, dass es schief geht, erwartet man von den Kritikern Hilfe, weil die doch das Problem schon früher bemerkt und bearbeitet haben.

Im Prinzip ist das das Eingeständnis, dass die Kritiker, der politische Gegner, schlauer ist und recht hatte, und dass man die Situation verbockt hat.

Erinnert mich an einen Klassenkameraden. An sich nicht mal ein schlechter Kerl, aber unglaublich überheblich und aufbrausend, Großmaul, wie man das in der Pubertät und Jugend manchmal so ist, bis sich das Hirn dann irgendwann in der Aduleszenz wieder einrenkt und orientiert. Völlig überempfindlich gegen jede Art von Kritik. Der hielt sich für den Besten, der alles kann, und meinte, nur er könne den geforderten Entwurf für ein Bild, das in groß an die Rückwand des Klassensaals gepinselt werden soll, erstellen. War aber nicht gut. Auf jeden Kommentar reagierte er dann pampig mit „Mach’s doch besser oder halt’s Maul!“.

Das ist ziemlich deutliches Anzeichen für etwas, was ich einen Überheblichkeitsbruch bezeichnen würde, wenn jemand, der sich narzisstisch für den Größten hielt, feststellen muss, dass es nicht mehr zu verbergen ist, dass er versagt hat und sich gerade fürchterlich blamiert. Und das ist dann immer sehr gefährlich, weil der dann sofort einen Ersatzschuldigen braucht.