Ansichten eines Informatikers

Einfach nicht mehr aufgewacht

Hadmut
1.12.2023 19:30

Einfach so weg.

Ich hatte einen Kumpel und Ex-Kollegen. Mathematiker, von vulkanischer Spitzfindigkeit. Gut in Security. Meine Altersgruppe, immer für ein Fachgespräch jeder Tiefe zu haben, sehr kompetent. Sehr pedantisch. Noch von der Sorte, die ihr Fachgebiet beherrscht und nicht nur die Begriffe schwafelt.

Schon eine Weile her, das wir Kollegen waren. Wir hatten aber weiter sporadisch-losen Kontakt, weil er mein Blog las und dann und wann seine – mitunter unerbittlich-gnadenlosen, aber immer beachtlichen – Kommentare abgab.

Seit einiger Zeit kam nichts mehr.

Ich habe noch überlegt, ob ihm mein Blog nicht mehr gefällt, vielleicht langweilt, oder ich ihn vielleicht irgendwie vergrätzt hätte, oder ob er einfach nur so viel zu tun hat, dass er nicht mehr zu Blogkommentar kommt.

Kürzlich habe ich erfahren, dass er gestorben ist. Schon vor einiger Zeit. Ungefähr, als er sich das letzte Mal meldete.

Legte sich abends wie immer ganz normal ins Bett. Und wachte am nächsten Morgen einfach nicht mehr auf. Herzinfarkt im Schlaf. Es ist mir unbekannt, ob man da noch aufwacht, soll ja sehr schmerzhaft sein, oder ob der selbst noch gar nicht weiß, dass er tot ist.

Wieder einer weg.

Ich dachte immer, mir ging’s nicht gut, ich hätte mit Gesundheit kein Glück gehabt. Wenn ich aber überlege, wieviele Freunde, Bekannte, Ex-Kollegen schon jünger, als ich jetzt bin, den shutdown gemacht haben … Einer war schon immer etwas krank. Einer kam morgens noch auf allen Vieren aus dem Bett gekrochen und rief noch um Hilfe. Einer hatte einen unverschuldeten Motorradunfall. Eine hatte Brustkrebs. Einer hat seine Krebsoperation nicht überlebt. Einer hat sich umgebracht. Einer, ein notorischer krankhafter Hypochonder, bildete sich sein Leben lang alle Krankheiten und Wehwehchen dieser Welt ein, die er nie hatte, aber ausgerechnet den kleinen schwarzen Fleck unter dem Fingernagel, den nahm er nicht ernst, und an dem ist er dann gestorben.

Der einzige Fall, bei dem es mich freut, ist, dass ich meinen „Doktorvater“ inzwischen auch altersmäßig überlebt habe.