Ansichten eines Informatikers

Die Rechtsanwaltskammer Berlin

Hadmut
30.1.2024 11:53

Ich habe Anwaltspost bekommen.

Jetzt geht es wirklich an die Grundsubstanz des Staates.

Ein Leser schreibt, er haben folgenden Rundbrief von der Anwaltskammer bekommen (ich habe die doppelten, aber als normalen Text angegebenen Links in HTML-Links verwandelt):

Betreff: Aufruf zur Teilnahme an der Kundgebung am 03.02.2024 ab 13 Uhr
Von: Rechtsanwaltskammer Berlin <[Mailadresse]>

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

für Samstag, den 3. Februar 2024, ab 13.00 Uhr rufen verschiedene Organisationen zu einer Kundgebung unter dem Motto**„*#WirSindDieBrandmauer – gemeinsam Hand in Hand – **gegen Spaltung – für Demokratie“* auf. Die Kundgebung findet auf der Wiese vor dem Bundestag statt. Nähere Informationen finden Sie unter folgendem Link: https://gemeinsam-hand-in-hand.org/

Auch der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin ruft Sie zur Teilnahme auf.

Aus Sicht des Vorstandes stellt der im November 2023 im kleinen Kreis in Potsdam entworfene „Masterplan Remigration“ einen Angriff auf unsere Verfassung und den demokratischen Rechtsstaat dar. Die vom Medienhaus Correctiv recherchierten Inhalte dieser Pläne finden Sie unter diesem Link: https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/ .Das, was dort besprochen wurde und wer an diesem Treffen teilgenommen hat, muss aufrütteln. Deutlich werden daran besorgniserregende und ernstzunehmende Bestrebungen in unserem Land, den Rechtsstaat auszuhebeln. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die Verteidigung des Gleichheitsgrundsatzes sowie die Wahrnehmung der Rechte aller sind die wesentliche Grundlage unserer Berufsausübung. Lassen Sie uns ein deutliches und vernehmbares Zeichen gegen Verfassungsfeindlichkeit, gegen Rassismus und für Menschenrechte, Demokratie und den Rechtsstaat setzen!

Stand heute haben den oben genannten Aufruf 1.164 Organisationen unterzeichnet, unter ihnen der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und die Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen e.V.

*Wann, wenn nicht jetzt?*

*Wer, wenn nicht wir?*

**

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Hofmann

Präsidentin

Rechtsanwaltskammer Berlin

[Brieffuß]

Da habe ich mich erst einmal gefragt, ob das überhaupt echt ist oder da jemand eine Falle schickt, nach der man dann verklagt wird. Und wollte dann die Anwaltskammer fragen. Aber: Steht auch auf deren Webseite. Und diese Präsidentin gibt es auch.

Dazu fällt mir zuerst ein, dass inzwischen durch das Netz geht, dass der Bericht von Correctiv unwahr sei. Correctiv behaupte inzwischen, dass weder auf dieser Veranstaltung von „Rechten“ das Wort „Deportation“ gefallen sei, noch sie selbst es in der Berichterstattung darüber verwendet hatten. Es gibt aber Screenshots einer Buchankündigung, in der das vorher noch stand und nach der öffentlichen Behauptung, es nie verwendet zu haben, geändert wurde.

Dazu fällt mir gleich danach § 1 BRAO ein:

§ 1 Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtspflege

Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.

Das also versteht man unter unabhängig. Und das versteht man unter Rechtspflege. Die Bindung der Anwälte an linke Parteien.

Zusammengefasst lässt sich damit sagen, dass nach Auffassung der Rechtsanwaltskammer jemand mit der falschen politischen Meinung auch keine Strafverteidigung mehr bekommt, denn deren Präsidentin Dr. Hofmann ist u.a. Strafverteidigerin. Wäre sie seriös, würde sie vor den Angriffen auf Recht und Staat von links warnen. Denn spätestens dann, wenn versucht wird, die Anwälte auf eine politische Richtung zu bügeln, ist die Rechtspflege tot und ein zentrales, elementares Fundament unseres Rechtsstaats, nämlich die anwaltliche Vertretung, nicht mehr gegeben. In der Konsequenz kann niemand mehr Rechtsanwälten trauen, weil er ja immer damit rechnen muss, vom eigenen Anwalt in die Pfanne gehauen zu werden. Besonders übel ist, dass es in manchen Bereichen praktisch nicht mehr möglich ist, noch anwaltliche Vertretung zu bekommen, besonders in dem Komplex Beleidigung/§ 188 StGB/Volksverhetzung usw. Viele Anwälte sagen, dass sie das nicht mehr machen, aus unterschiedlichen Gründen. Manche sagen, das habe alles mit Recht nichts mehr zu tun. Andere wollen sich selbst dem Mobbing nicht mehr aussetzen. Wieder andere sagen, dass Aufwand und Honorar in keinem Verhältnis mehr stehen.

Dazu kommt, dass die Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizei längst politisch unterwandert und überaus korrupt sind. Bisher konnte man so ein bisschen darauf hoffen, dass wenigstens die Anwälte noch einen Gegenpol bilden und das alles etwas im Zaum halten, aber auch das hat sich spätestens damit erledigt – es gibt zwar noch ehrliche Anwälte, sonst hätte mir das ja auch keiner geschickt. Aber ich sehe da denselben Effekt wie vor 20 Jahren bei Professoren: Hinter den Kulissen bekommt man noch ein paar Informationen von den wenigen, die noch bemerken, wie das System zerstört und auf sozialistisch gebügelt wird, und die im Stillen damit nicht einverstanden sind, aber es kann sich keiner mehr leisten, das Maul aufzumachen, weil er dann beruflich ruiniert wäre. Mir sagte mal vor langer, langer Zeit ein Rechtsanwalt, er könne gar nicht soviel saufen, wie er kotzen möchte.

Das dritte, was mir dazu einfällt, ist, woher die institutionalisierten Rechtsanwaltskammern kommen:

Am 1. Juli 1878 wurde im RGBl. Nr. 23 die Rechtsanwaltsordnung verkündet, die am 1. Oktober 1879 im Deutschen Reich in Kraft trat.

Dies geschah auf der Grundlage langer Vorarbeiten und politischer Diskussionen parallel mit mehreren Reichsjustizgesetzen, die einheitlich am 1. Oktober 1879 in Kraft traten. Neben der Rechtsanwaltsordnung und der Rechtsanwaltsgebührenordnung waren das Gerichtsverfassungsgesetz, die Zivilprozessordnung, die Strafprozessordnung und die Konkursordnung Teile dieser Justizreform.

Danach erfolgte die Bildung von Rechtsanwaltskammern ohne zentrale Dachorganisation im Deutschen Reich. Im Jahre 1908 vereinigten sich die Vorstände der reichsdeutschen Anwaltskammern.

Am 18. März 1933, einige Wochen nach der Machtergreifung Hitlers im Deutschen Reich, wurde die Reichs-Rechtsanwaltskammer durch Verordnung des Reichspräsidenten als Dachorganisation der reichsdeutschen Rechtsanwaltskammern errichtet. Ihr Präsident von 1933 bis 1945 war Justizrat Reinhard Neubert. am 31. März / 1. April 1933 wurde durch Verfügung des kommissarischen Justizministers Kerrl auf die „Säuberung“ der Kammervorstände von jüdischen Mitgliedern hingewirkt. Dies betraf einen großen Teil der Anwaltschaft, da Juden im Beruf des Rechtsanwalts deutlich überproportional vertreten waren. So waren 1933 drei Viertel der Berliner Anwälte Juden, in Frankfurt am Main waren es 45 %

Durch die am 13. Dezember 1935 (RGBl. I, 1470) beschlossene Reichs-Rechtsanwaltsordnung (RAO) wurde die Reichs-Rechtsanwaltskammer (RRAK) im Sinne der Zentralisierung und Gleichschaltung zur einzigen rechtsfähigen Vertretung aller bei Gerichten des Deutschen Reiches zugelassenen Rechtsanwälte. Die örtlichen Anwaltskammern verloren ihre Selbstständigkeit. Als „Kammern“ wurden nun die bisherigen Kammervorstände bezeichnet. Die Vorsitzenden waren nurmehr weisungsgebundene Organe der RRAK; sie wurden durch den Reichsjustizminister unter Mitwirkung des Reichsführers des BNSDJ (Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund) berufen.

Diese im Jahre 1936 in Kraft getretene sogenannte Reichs-Rechtsanwaltsordnung 1936 beendete die Existenz der Rechtsanwaltskammern als rechtsfähige Gebilde. Sie existierten als unselbständige Organe der Reichs-Rechtsanwaltskammer fort. Die deutschen Rechtsanwälte wurden in der Reichs-Rechtsanwaltskammer zusammengefasst. Deren Präsident wurde vom Reichsjustizminister ernannt und ernannte seinerseits die örtlichen Kammerpräsidenten, denen gegenüber er Weisungsrecht besaß. Das „Führerprinzip“ wurde eingeführt.

1945 lösten die Besatzungsbehörden der Alliierten die Rechtsanwaltskammern auf.

Im Jahre 1949 wurde die Arbeitsgemeinschaft der Anwaltskammervorstände in der neuen Bundesrepublik Deutschland gegründet. 1959 erfolgte die Gründung der Bundesrechtsanwaltskammer. Die Bundesrechtsanwaltskammer wurde nach § 233 BRAO a. F. Rechtsnachfolger der Reichs-Rechtsanwaltskammer.

Die Deutsche Digitale Bibliothek:

Die Reichsrechtsanwaltskammer (RRAK) wurde am 18. März 1933 durch Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Finanzen, der Wirtschaft und der Rechtspflege (RGBl I S. 119) als Dachorganisation der 26 deutschen Rechtsanwaltskammern (jeweils am Sitz eines Oberlandesgerichts) zur Förderung der Interessen der Rechtsanwaltschaft errichtet. Sie war der zwangsweise Zusammenschluß aller bei den deutschen Gerichten zugelassenen Rechtsanwälte. Organisation und Rechtsform der Kammer regelte die Reichsrechtsanwaltsordnung (RRAO) in der Fassung vom 21. Febr. 1936 (RGBl I S. 107 ff). Danach gehörte sie zum Geschäftsbereich des Reichsministers der Justiz und war diesem mit ihren Organen und sonstigen Einrichtungen unterstellt. Die Tätigkeit der RRAK und ihrer Organe ist im einzelnen in ihrer Satzung festgelegt, die vom Reichsminister der Justiz aufgrund von § 117 RRAO erlassen wurde.

Und dann gibt es das Buch Die Zerstörung der freien Advokatur im Nationalsozialismus von Udo Reifner, an das ich jetzt aber nicht rankomme, weil man sich da über eine Uni oder Bibliothek anmelden muss und ich gerade auf Zypern bin. Zitat der ersten Seite als Aufmacher von der Webseite:

Das heißt, dass zwar der Begriff der Anwaltskammer schon vor den Nazis existierte, damals aber eine nicht zentral organisierte Interessenvertretung der Anwälte, also deren eigene Lobby- und Vertretungs-Organisation war. Durch die Nazis wurde das aber ins Gegenteil verdreht und damit als Zwangsorganisation ein Mittel zum Eingriff in die Anwaltschaft geschaffen, um unliebsame Leute (Juden,…) aus dem Anwaltsberuf auszuschließen und den Rest politisch gleichzuschalten.

Es geht wieder los.

Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Nichtteilnahme an solchen Demos, oder etwa die anwaltliche Vertretung „Rechter“ beruflich sanktioniert, die Berufsausübung an die politische Gesinnung gebunden wird. Bis man den Regenbogen auf der Anwaltsrobe zu tragen hat wie damals das Hakenkreuz.

Und sie halten sich für „die Brandmauer gegen Rechts“.

Erbärmlich aber auch, auf welche Weise man sich die Teilnehmer für solche Schund-Demos zusammenkratzt.