Haft für Blogger
Zum Stand von Deutschland. [Update]
Wer allzu sehr die alte BRD beschaut,
Die Sicht auf deutsche Rechtskonstanzen sich verbaut. pic.twitter.com/DZAGoHB4We— Michael Klonovsky (@ActaKlonovsky) February 5, 2024
Ah. Einer der beiden Gummiparagraphen. § 188 StGB gegen Kritik an Politikern. § 130 StGB gegen Kritik an Migranten.
Irgendwas Näheres dazu?
Ja. Beim WDR (wo sonst): Neun Monate Haft wegen Volksverhetzung für Blogger Akif Pirincci
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 64-Jährige auf seiner Internetseite gegen Teile der Bevölkerung zum Hass aufgestachelt und die Würde anderer Menschen angegriffen hat. Mit dem Urteil ging der Richter deutlich über das geforderte Strafmaß der Staatsanwaltschaft hinaus. Die Anklage hatte sieben Monate Haft ohne Bewährung gefordert. Pirinçcis Anwalt, der auf Freispruch plädiert hatte, kündigte an, in Berufung zu gehen.
Turbulente Wortgefechte und ein Befangenheitsantrag
Ursprünglich war für das Verfahren ein Verhandlungstag angesetzt worden – es wurden derer drei. Nach turbulenten Wortgefechten hatte die Verteidigung den Richter zum Prozessauftakt im vergangenen Dezember wegen Befangenheit abgelehnt. Über diesen Antrag wurde auch am zweiten Verhandlungstag Anfang Januar nicht entschieden. Erst heute wurde bekannt, dass ein anderer Amtsrichter den Antrag als unbegründet abgelehnt hatte.Die auf Cyberkriminalität spezialisierten Staatsanwälte der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW) in Köln hatten dem in der Türkei geborenen Pirinçci vorgeworfen, in seinem Blog “Der kleine Akif“ Feindseligkeit gegen Ausländer geschürt zu haben.
Angriff auf die Menschenwürde und Aufstacheln zum Hass
In dem Text aus dem Juni 2022 schimpft der 64-Jährige über Migranten und stellt laut Anklage ohne Belege Behauptungen über angebliche Straftaten auf. Pirinçci schreibt von Muslimen und “Afros”, die in den Jahren 2015 und 2016 als “Schmarotzer” nach Deutschland gekommen seien und sich “mikrobenartig immer weiter vermehren” würden. Außerdem unterstellte er, sie wären für eine “bis heute nicht abreißende Serie bestialischer Verbrechen vor allem an Frauen” verantwortlich.Pirinçci und sein Verteidiger widersprachen. Nicht jede Flüchtlingskritik oder grenzwertige Äußerung sei eine Volksverhetzung. Zudem sei der Text von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Grenze der Meinungsfreiheit überschritten
Der Richter hingegen würdigte den Blog Pirinçcis rechtlich als Volksverhetzung. Es seien gleich zwei Tatbestände erfüllt: der Angriff auf die Menschenwürde und das Aufstacheln zum Hass. Und da der Text die Menschenwürde angreife, sei er auch nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die Äußerungen Pirinçcis würden die Grenze der Meinungsfreiheit deutlich überschreiten.
Im Oktober 2021 war Akif Pirinçci vom Bonner Landgericht wegen Beleidigung der Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Da er wegen dieses Urteils unter laufender Bewährung stand, wird das heutige Urteil nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt.
Schwer einzuordnen. Was der WDR da schreibt, hört sich nicht stringent und haltbar an, aber vielleicht kommt das ja nur durch die sehr stark verkürzte Darstellung. Man müsste das Urteil selbst mal sehen, aber das wird man nicht können, weil man das normalerweise nicht herausgibt, solange das Verfahren noch läuft. Ich habe mal versucht über Presserecht an das Urteil in einem anderen Verfahren zu kommen, in dem jemand ähnlich verurteilt wurde, weil er meinte, dass es nur zwei Geschlechter gebe, aber da haben die nichts herausgegeben mit der Begründung, dass es nicht rechtskräftig wäre und die Berufung laufe. Ist auch generell etwas schwierig bei Strafsachen.
Im Prinzip kann derzeit wohl nur Pirinçci selbst das Urteil veröffentlichen – wenn er es denn überhaupt schon hat. Kann ja gut sein, dass das erst mündlich verkündet wurde. Und dann wird ihm sein Anwalt höchstwahrscheinlich davon abraten, das zu veröffentlichen, weil Gerichte das nicht mögen und das negative Konsequenzen für seine Berufung haben könnte.
Dazu kommt eben, dass der offenbar schon eine andere Sache auf Bewährung drin hängen hatte, und da kämpft man dann schon steil bergauf.
Halbwegs zuverlässig kommt man nur an Informationen, wenn jemand berichtet, der a) an diesem oder dem nächsten Prozess als Zuhörer teilgenommen hat und b) nicht dem ÖRR angehört, weil der ja nicht vertrauenswürdig berichtet.
Das wird aber massiv zunehmen.
Der politische Druck steigt enorm, und die Richterschaft wurde immer stärker mit Parteisoldaten vollgepumpt, die Ideologie hoch und geltendes Recht niedrig ansiedeln. Das kam ja schon von den Gender Studies, dass Richter sich nicht an geschriebenes Recht halten sollen, weil alles geschriebene Recht von Weißen Männern kommt, und deshalb per se Frauen, Farbige und alle anderen ausgrenze.
Die Westdeutsche Zeitung: Spitzen der Krefelder Justiz stellen sich gegen Rechtsextremismus
Eigentlich müsste man die alle als befangen ablehnen. Aber Befangenheitsanträge sind längst völlig wirkungslos, werden grundsätzlich abgelehnt, und laut Text hat man das hier ja auch versucht.
Pirinçcis Rechtsanwalt hatte in seinem Plädoyer noch einmal betont, dass der Richter befangen gewesen sei. Schon vor Beginn der Beweisaufnahme habe festgestanden, dass sein Mandant verurteilt werden solle. Er kündigte an in Berufung zu gehen.
Ja, das kenne ich von Zivil- und Verwaltungsgerichten. Wenn das Urteil schon vor der Verhandlung feststeht und die Verhandlung nur noch dazu dient, Gründe für das gewünschte Urteil zu sammeln.
Mal sehen, ob man noch irgendwo etwas erfährt, was ihm überhaupt vorgeworfen wurde.
Update: Akif Pirincci schreibt hier selbst etwas über seine Verurteilung und gibt auch den fraglichen Text an.
Wenn das so stimmt, halte ich das Urteil für Rechtsbeugung und für nicht haltbar.
Aber in Deutschland ist heute alles möglich.