Ansichten eines Informatikers

Grauenhaft: Mehr Hüftschuss–Verschwörungstheorien zur Baltimore-Brücke

Hadmut
28.3.2024 1:31

Leute, bitte, bleibt doch mal auf dem Boden.

Irgendwie drehen die Leute gerade durch mit ihren Theorien.

Warum habt Ihr es eigentlich so eilig mit den Theorien, wer den Brückenunfall verschuldet hat? Unbedingt der Erste sein?

Gibt es bei den Amerikanern einen Unfall und eine Brücke geht hops, obwohl sowohl die Besatzung des Schiffes, als auch die Lotsen an Bord waren, glauben viele, es war irgendeine Verschwörung, ein Anschlag, eine Vertuschungsaktion der Amerikaner.

Gibt es aber in Russland einen Anschlag auf einen Konzertsaal, und die Islamisten schreien tagelang „He, huhu, war ein Terroranschlag, wir waren’s!“, glaubt ihnen das auch keiner, dann meinen viele, da stecken die Amerikaner dahinter.

Gibt es denn noch irgendetwas, was nicht den Amerikanern zugeschrieben wird? (Ja, in der Baerbock-Sache damals hieß es, da können nur die Russen dahinterstecken.)

Sorry, wenn ich Euch das mal so sage, aber so funktioniert Denken nicht. Man kann nicht von vornherein das Ergebnis vorgeben und dann nur nach dem Prinzip des confirmation bias irgendwas suchen, was in die Richtung deuten könnte.

Es kommen gerade Meinungen rein, dass die Brücke marode gewesen sei oder dass man vertuschen wolle, dass an der Brücke der Rammschutz gefehlt habe (auf Fotos sieht man auch, dass sie einen hatte, aber nur so wie ein Gartenzaun, nur gegen Boote).

Leute, bitte. Bleibt mal bitte bei der Realität. Das ist ja nicht zum Aushalten.

Diese Brücke wurde von 1972 bis 1977 gebaut. Damit war sie auf einem Planungsstand von spätestens 1970.

Es gab damals noch gar keine Schiffe in dieser Größe. Nicht annähernd. Die Brücke kann gar nicht dafür gebaut sein, dem standzuhalten.

Schaut mal hier und hier.

Am 31. Mai 1968 startet der Hamburger Hafen in ein neues Zeitalter: Mit der “American Lancer” legt erstmals ein Vollcontainerschiff an. Die eckigen Kisten an Bord revolutionieren Schifffahrt, Hafenarbeit und weltweiten Handel.

Bereits im November 1966 ging dort eine erste Spezialanlage für den Containerumschlag in Betrieb, 1967 folgte die erste Containerbrücke. Mit der “American Lancer” beginnt jetzt eine rasante Entwicklung: Immer mehr und immer größere Vollcontainerschiffe machen in Hamburg fest. Das Terminal am Burchardkai wird fortlaufend erweitert und entwickelt sich rasch zur größten Umschlagsanlage im Hafen.

Diese ersten Schiffe hatten eine Kapazität von etwa 1100 bis 1400 TEU, also 20-Fuß-Containern (=halbe Länge) und eine Tragfähigkeit von etwa 20.000 Tonnen.

Die Dali, die dort gegen die Brücke gefahren ist, hat eine Tragfähigkeit von etwa 116.851 tonnen und eine Kapazität von 9.971 TEU, ist also ungefähr sechsmal so groß und schwer wie die größten Frachtschiffe, die es beim Bau der Brücke gab. Und selbst die waren damals noch ganz neu und in Ausschreibung und Auftrag sicher nicht berücksichtigt. Und selbst von denen gab es anfangs nur 8 Stück.

Wozu hätte man damals auch an größere Schiffe denken sollen, denn damals wurden Schiffe noch von Hand be- und entlanden, von Arbeitern, die Säcke trugen, weil man nur ein paar einfache Güter aus China und Indien holte, denn beide Länder waren damals noch primitive Entwicklungsländer.

Die Brücke kann gar nicht dafür ausgelegt sein, so einem Pott standzuhalten, weil es solche Pötte beim Bau dieser Brücke noch nicht annähernd gab.

Leute, bleibt doch bitte mal auf dem Boden und dreht nicht bei jeder Meldung gleich durch.

Es gibt auch noch richtige Unglücke. Es muss nicht hinter jedem Mist gleich ein teuflisch-genialer Bösewicht stecken.

Und selbst wenn es so war: Dann wartet doch bitte ab, bis Ihr irgendeine greifbare, belastbare Information habt, und versucht nicht, Eure Theorien unterzubringen, bevor Informationen auftauchen.

Vor allem: Ihr kennt die Brücke nicht, Ihr kennt die Situation dort nicht, viele kennen nicht mal die Seefahrt. Einfach in Schuss ins Blaue, ein Fischen im Trüben. Lasst doch erst einmal die Leute ran, die vor Ort sind und wissen, wovon sie reden. Aber einfach so aus Nullwissen heraus irgendwelche Vermutungen nicht nur als Vermutung zu äußern, sondern gleich als quasi gegeben anzunehmen, kaum dass die ersten Meldungen in den Nachrichten kommen, das ist doch nun wirklich Bullshit.

Habt Ihr nichts aus 9/11 gelernt? Ihr habt volle 20 Jahre Zeit, alle Theorien auszudiskutieren.

Leute, bitte: Kritisch denken, ja, gerne. Ihr sollt Informationen, die Ihr bekommt, kritisch betrachten und überprüfen.

Aber Ihr sollt nicht durchdrehen, und Euch auch nicht einfach irgendwas ohne Sachkunde und Fallkenntnis zusammenreimen, damit auch hier wieder die Amerikaner und/oder die Ukrainer an allem schuld sind.

Leute, bleibt mal auf dem Boden.

Epilog: Wisst Ihr, wie mir sowas vorkommt?

Wie Gender Studies.

In Gender Studies steht von vornherein fest, dass alles nur finstere Machenschaften böser weißer Männer sind, und der Rest nur noch Rhetorik, um jeden x-beliebigen Vorgang weißen Männern anzulasten, egal was passiert.

Eine Menge Leute machen gerade exakt denselben Blödsinn, indem sie alles, was passiert, immer rhetorisch so hindrehen, damit das immer selbe Ergebnis herauskommt: Die Amerikaner sind schuld und wollen uns nur hinter das Licht führen.

Genau wie Gender Studies.

Und das wiederum beruht auf der schon im Blog beschriebenen Luzifer-Hirninsuffizienz: Es kann nur einen Bösen geben, deshalb muss er an allem schuld sein. Für einen zweiten Bösen reicht die Hirnkapazität nicht mehr. Das gleiche Prinzip, warum man die Russen für gut hält, nämlich weil ja die Amerikaner schon die Bösen sind und deshalb alle anderen gut sein müssen.