Oh, welch feine Kritik am Feminismus
Man sollte immer genau lesen. Und manchmal, nur manchmal, aber immerhin manchmal findet man so kleine, feine Stellen, an denen man denkt, vielleicht gibt es da im Politikbetrieb doch ein paar Leute, die vielleicht gar nicht so doof sind, wie die Politik im Ganzen. Hach, ist das schön.
Es gibt zwei Dinge, wenn die zusammenkommen passiert Seltsames: Fefe und der Feminismus. Schon die Lautalliteration ist vielversprechend, und wenn dann noch Militärisches dazukommt, muss das ja überkochen. Hat es auch.
Da kam im Deutschlandradio ein Interview mit einem »Militärsoziologen« (ich weiß zwar nicht was das sein soll, hört sich nach »Der Kanonenflüsterer« an, aber Ihr wisst ja, was ich von Soziologen und Erziehungswissenschaftlern so halte). Naja, jedenfalls ging es darum, was Drohnen so machen und dass und warum die Deutschen sie nicht mögen, und dann stand da:
Solche fliegenden Killermaschinen, wie manch einer sie gerne bezeichnet, passen nicht ins Selbstbild unserer Gesellschaft. Denn die lehnt Gewalt zunehmend ab und orientiert sich an femininen Normen und Werten. Begriffe wie Kampf, Ehre, Stolz, Sterben, Krieg und Töten und Getötetwerden sind quasi verbannt aus dem kollektiven Miteinander. Ersetzt wurden sie durch Begrifflichkeiten wie Verständnis, Konsensfähigkeit und Frieden.
Fefe hatte sich offenbar noch nicht von dem Feministen-Scheiß mit den Creeper Cards beim 29c3 erholt, und da ging dem gleich die Galle durch. Was in doppelter Hinsicht nicht verwundern kann, denn erstens erholt man sich von Feminismus nicht so schnell, und zweitens ist bei Fefe die Galle sicherlich das leistungsstärkste seiner Organe.
Vordergründig, so auf den allerersten Blick liest sich das, als ob unsere Gesellschaft so feminin geworden ist, dass sie sich für Krach-Bumm und Leute in die Luft sprengen nicht mehr interessiert. Wir sind jetzt friedlich.
Liest man es aber mal in Ruhe, und denkt mal drüber nach, dann findet man darin hübsch verpackt zwei beachtliche Aussagen:
Die erste ist, dass die Gesellschaft sich an femininen Werten orientiere. Bisher war da immer die Rede von christlichen Werten. Das (vermeintlich) Feminine scheint da gerade die Rolle der Leitreligion zu übernehmen. (Ausgerechnet Verständnis, Konsensfähigkeit und Frieden mit dem Femininen zu assoziieren, ist natürlich absurd, aber lassen wir das hier an dieser Stelle mal.)
Die zweite ist, dass man diese Feminine Sichtweise da als Realitätsverlust beschreibt. Krieg ist nicht schön, aber es hilft ja nichts, einfach seine Wahrnehmung zu verschieben, sich von der Realität zu verabschieden und Soldaten in den Tod zu schicken. Und das ist ein wesentlicher Punkt dieser Aussage, nämlich dass der feminin orientierten Sichtweise vorgeworfen wird, in einer Phantasiewelt zu leben.
13 Kommentare (RSS-Feed)
> hilft ja nichts, einfach seine Wahrnehmung zu verschieben[…] und Soldaten in den Tod zu schicken.
Es hilft aber auch nichts, die Kritikpunkte/Nachteile/Gefahren von Drohnen einfach zu ignorieren.
Gradezu unverschämt ist die Diskreditierung der Kritiker: Wer den Kauf und Einsatz von Drohnen ablehnt, weil es die “Einsatzschwelle senken” könnte, zweifelt an der Demokratie und den Soldaten. Wie lange ist es her, dass Fotos von Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan mit Totenschädeln in der Hand kursierten? Wie lange ist der Angriff auf den Tanklaster her? Alles schon vergessen? Soldaten im Krieg laufen Gefahr, abzustumpfen und die eigene Hemmschwelle herabzusetzen. Das hat nichts mit dem demokratischen Auftrag zum Kriegführen zu tun. Kriege bzw. die Soldaten entwickeln mitunter eine im Wortsinne verheerende Eigendynamik.
Si vis pacem, para bellum…
Fefes Argumentation hat was für sich. Der sogenannte “Militärsoziologe” macht sich hier perfiderweise in seiner Kritik dem Feminismus gegenüber selbigen zunutze, indem er von Feministen erfundene Geschlechterspezifika für sich anwendet. Und natürlich ist es für einen Militär hilfreich, den Mann — und somit potentiellen Soldaten — an sich als Tötungsmaschine hinzustellen, die das aufgrund ihrer natürlich-charakterlichen Prägung tut.
Wer möchte denn ernsthaft infrage stellen, dass die im o.g. Artikel als “feminin” definierten Werte auch männliche Stärken sind? Oder umgekehrt Frauen ihr Ehrgefühl und Stolz absprechen?
Wenn dieser Artikel eines ist, dann ein Zeichen dafür, wie weit militärische Lobbyarbeit mittlerweile bereit ist zu gehen. Da wird eine vermeintlich neue Front gegen den Feminismus eröffnet, vermutlich in der Hoffnung, feminismuskritische Männer anzuziehen, die sich mit einigen Schlagwörten identifizieren können.
Hier wird wieder propagiert, dass es des Mannes Aufgabe ist, sich für “die Sache” (wie auch immer diese aussehen mag) auf den Schlachtfeldern der Welt zu opfern, und das dies ehrenvoll ist. Und natürlich werden die körperlichen und psychischen Leiden, die mit einem Kriegseinsatz einhergehen, nicht thematisiert.
Der Umgang mit Kritikern ist schon die Härte. Das geht Hand in Hand mit dem Auftritt speziell ausgebildeter Offiziere in Schulen, wo Bundeswehr- und Kriegs-Kritiker mit rhetorischen Mitteln ganz schnell ins Aus gedrängt werden. Bei Interesse einfach mal auf der Seite der Graswurzelrevolution vorbei schauen.
Ich fand es eher erschreckend, dass der Wunsch nach Frieden bzw. die Ablehnung von Kriegstreiberei angeblich was geschlechtsgebundenes sei. Als ob die meisten Männer kriegsgeil wären. Auch das heroisch-reden von töten und getötetwerden als männlich auszugeben finde ich einfach nur primitiv.
Der Autor hat was Goebbels-artiges. Womit für mich auch einmal mehr gezeigt wäre, dass Erziehungswissenschaftler, Soziologen und Psychologen (der Mann ist alles drei) weit mehr Macht haben (und gefährlicher sein können) als die meisten Menschen zu erkennen im Stande sind. Der Mann ist übrigens nicht nur Soziologe, sondern auch Oberstleutnant im Generalstab http://www.swp-berlin.org/en/scientist-detail/profile/detlef_buch.html also keine unbedeutende Person, die sich da einfach hingeschwatzt haben wird. Der Mann weiß, wie man den Leuten Krieg und Aufrüstung schmackhaft redet. In meinen Augen ist diese latente Feminismuskritik ein Strohmann, um gewisse Ressentiments zu bedienen und die Leute auf seinen Zug zu holen. Das ist Propagandatechnik: Frieden ist was für Weicheier, wie uns halbe Gesellschaft inzwischen aus Weicheiern besteht, die alle feminisiert sind.
Typischer Fehler, passiert mir auch ständig. Die haben nicht gemeint, was Du denkst dass sie gemeint hätten. Die meinten das so, wie es sich vordergründig liest. Was tatsächlich da steht haben die nicht begriffen. Wahrscheinlich haben sie es nicht mal gesehen.
Der moderne Mythos, wonach Männlichkeit die Kurzformel für Missstände aller Art sei, entstand um das Jahr 1800.
http://www.zeit.de/2012/16/DOS-Maenner
@Wong einen Goodwin’schen Punkt für dich.
In dem Radiobeitrag kam:
“Letztendlich kann eine Drohne mit ihrer Bewaffnung nur das leisten, was ein bemanntes Flugsystem mindestens auch leisten kann: Sie kann aufklären und ein zuvor definiertes Ziel aus der Luft angreifen.”
gefolgt von:
“Und dabei kann sie noch präziser feuern, als es bemannte Kampfflugzeuge mit ihrer Präzisionsbewaffnung heute können.”
Also ist die “Präzisionsbewaffnung” unserer Kampf-Flugzeuge/Hubschrauber(/Zeppeline?) nicht präzise. Als Begründung wird vorgeschlagen: “Im Militär herrschen Härte und Entbehrungen.”
Als Abhilfe ist nicht vorgesehen die herkömmlichen Waffensystemene zu reparieren, sondern den “bemannten Flugsystemen” Drohnen hinterherzuschicken, da diese heute schon “feststellen ob der Einsatz anderer Waffensysteme erfolgreich war, sprich zur Trefferanalyse” und obendrein noch “präziser” feuern können.
“Das ist die Realität im Jahr 2013!”
Die ganze Aktion wird verkauft als “ein Plädoyer dafür, unsere Soldatinnen und Soldaten, die im Auftrag und zum Schutz des deutschen Volkes ihren Dienst in lebensgefährlichen Krisengebieten dieser Welt vollziehen, bestmöglich auszubilden und auszurüsten.”
Der Radiokommentator “argumentiert” typisch feministisch schwafelig und emotional. Als Erwiderung fällt mir spontan nur ein bekanntes Mizner-Zitat ein:
“I respect faith, but doubt is what gets you an education.”
Immer wenns um unbestimmte rechtsbegriffe wie “Ehre” oder “Stolz” geht, fangen bei mir die Alarmlampen an, tiefrot zu blinken.
In der Prxis heisst das nämlich nix anderes, als das “Otto Normalverbraucher” in seiner Eigenschaft als Soldat oder sonstwie ausführendes Organ seinen Arsch nebst Körper für die Interessen irgendwelcher selbsternannter “Eliten” hinzuhalten hat. Dummerweise herrscht bei uns in Teilen der Leute aber ein Klima, welches derartiges für das hält, was es ist, nämlich gequirlter Unsinn. Folglich werden wir darauf vorbereitet, das sich das gefälligst zu ändern habe. Damit wir wieder freudvoll in den Tod gehen oder selbigen lustvoll anderen bereiten……..
Eigentlich sagt der Herr Militärsoziologe soviel Neues nicht. Dass es eine gewisse Feminisierung gibt, in manchen Bereichen zumindest, kann man durchaus bei Soziologen lesen. Das liest aber nur der, der die Soziologie nicht mit “Feminismus” gleichsetzt. Ich war etwa 2006 an einer Tagung beteiligt, auf der T. Köllisch von einer Feminisierung der Rechtsnormen sprach und damit das Verhältnis zur Gewalt beschrieb. Solche Aussagen finden sich auch bei anderen Soziologen.
Hallo Hadmut,
bekomme verlinkten Kommentar aus Spamgründen hier leider nicht freigeschaltet. Vielleicht findest Du ihn trotzdem ein wenig interessant.
Wolfgang
ja, die feminismuskritik ist nicht von der hand zu weisen. nicht vor dem hintergrund der maskulinen aufschreibefürworter und auch nicht vor dem menschenmaterialproblem (vulgo: kanonenfutter) der bundeswehr. ich unterstelle dem typen in der hinsicht pure absicht.
der beitrag auf dradio an sich ist aber übelste militärpropaganda.
danke für deine einleitenden worte. ich hab sehr lachen müßen. weißt schon. fefe und so… 😀