Die seltsame juristische Moritat, wie das Buch von Maximilian Krah wegen seines Titelbildes verboten wurde
Ich hatte den Vorgang schon erwähnt.
Und weil ich mich ja auch für Bild- und Urheberrecht interessiere und immer wieder mal darüber schreibe, habe ich nachgebohrt.
Welche Informationen mir vorliegen
Die Gerichtsentscheidung
Das Landgericht Karlsruhe hat extra für mich eine anonymisierte Version der Entscheidung angefertigt. Aktenzeichen 22 O 4/24, Beschluss vom 10.4.2024 ohne Verhandlung:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann – (hierbei handelt es sich um die im Gesetz vorgesehenen Höchstmaße, wobei die Bemessung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände erfolgen würde) wegen jeder Zuwiderhandlung die auf dem Cover (Titelbild) des von dem Antragsgegner hergestellten, vertriebenen und in Verkehr gebrachten Werks mit dem Titel „Politik von rechts – Ein Manifest“ des Verfassers […] abgebildete Fotografie des Laienrefektoriums des Klosters Maulbronn, wie in der Anlage zu diesem Beschluss dargestellt, zu nutzen, insbesondere sie zu bearbeiten, sie in Form des mit der Fotografie als Titelbild versehenen Buches zu vervielfältigen, zu verbreiten, in sonstiger Weise öffentlich wiederzugeben, insbesondere öffentlich zugänglich zu machen und/oder die Fotografie durch Dritte bearbeiten, in Form des mit dem Foto als Titelbild versehenen Buches vervielfältigen, verbreiten, in sonstiger Weise öffentlich wiedergeben, insbesondere öffentlich zugänglich machen zu lassen.
und das Übliche zu Streitwert, Kosten, Zustellung.
Wie wird das begründet?
Gründe:
Wegen des Sachverhaltes wird auf die Antragsschrift vom 09.04.2024 sowie die damit vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Die Rechtslage ist in der Antragsschrift zutreffend dargestellt und wird vom Antragsgegner jn seiner Antwort auf die Abmahnung auch nicht infrage gestellt. Er hat es indes versäumt, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die weitere öffentliche Verbreitung der Fotografie zu unterbinden. Das antragstellende Land ist nicht rechtlich verpflichtet, dem Antragsgegner auf seine nunmehr erfolgte Bitte hin eine Genehmigung zur Nutzung zu erteilen.
Mehr steht nicht drin. Das heißt, dass man aus dem Beschluss überhaupt nicht erkennen kann, nach welchem Recht, aus welchem Rechtsgrund das beschlossen wurde. Es heißt lediglich, dass die Antragsschrift die Rechtslage zutreffend darstelle und der Antragsgegner nichts dagegen vorgebracht hat.
Die Antragsschrift kann man aber nicht einsehen.
Der Verlag
Ich hatte deshalb beim Verlag angefragt, ob die mir die Antragsschrift schicken könnten, bisher aber keine Antwort.
Insofern besteht für mich als Außenstehenden eigentlich gar keine Möglichkeit herauszufinden, was hier eigentlich passiert ist.
Das Ministerium
Ich habe es verpennt, letzte Woche Antrag auf Akteneinsicht zu stellen, weil ich – fälschlich – annahm, dass Baden-Württemberg zu den Ländern gehöre, die kein Informationsfreiheitsgesetz haben, und dachte, das geht da nicht. Ich hatte das von früher so in Erinnerung. Beim Schreiben dieses Artikels ist mir aber aufgefallen, dass sie seit einigen Jahren eines haben, und deshalb habe ich eben einen Antrag gestellt, der aber natürlich noch nicht beantwortet sein kann.
Kloster Maulbronn
Da hatte ich auch angefragt, und von denen auch schnell eine hilfreiche Antwort bekommen. Genauer gesagt, nicht von denen selbst, sondern die haben meine Anfrage an die zuständige Behörde für „STAATLICHE SCHLÖSSER UND GÄRTEN BADEN-WÜRTTEMBERG“ weiter geleitet, und die haben mir geantwortet. Und das ist, neben dem inhaltslosen Beschluss, und den wenig belastbaren Presseartikeln, die einzige Informationsquelle, die ich bisher habe.
Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen:
Um welches Titelbild es da geht, das der Deckenwölbung oder das des Wandelgangs mit den Säulen und Fenstern?
Auf dem Cover war eine Innenaufnahme des Klosters Maulbronn – des Laienrefektoriums – abgebildet.
Ob das eine Zeichnung oder ein Foto war, und wann das gemacht wurde?
Nach unserer Auffassung handelte es sich um eine Fotoaufnahme. Der Zeitpunkt der Anfertigung der Aufnahme ist uns zum aktuellen Zeitpunkt nicht bekannt.
Worin genau das urheberrechtliche Problem oder der Unterlassungsanspruch bestand? Ging es um die Rechte des Künstlers am Bild selbst oder um die Rechte am abgebildeten Kloster?
Das Urheberrecht spielt in diesem Fall tatsächlich keine Rolle, da das Land nicht Urheber Des Klosters Maulbronn ist.
Die Nutzung von Gebäudeaufnahmen, insbesondere Aufnahmen aus dem Innenbereich, steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Erteilung der Einwilligung des Grundstückseigentümers. Dies gilt insbesondere für die gewerbliche Nutzung.
Dieses Recht wird aus dem Eigentumsrecht – dem Fruchtziehungsrecht – abgeleitet. Der Grundstückseigentümer entscheidet auch dann allein über die kommerzielle Verwertung der von seinem Grundstück aus angefertigten Fotografien seiner Bauwerke und Gartenanlagen, wenn er den Zugang zu privaten Zwecken gestattet hat (BGH, Urteil vom 01. März 2013, Az. V ZR 14/12).
Eine entsprechende Genehmigung hat der Verlag weder beantragt noch auf Anfrage nachgewiesen.
Die Genehmigung zur Nutzung von Aufnahmen zu gewerblichen Zwecken kann bei den Staatlichen Schlössern und Gärten beantragt werden und wird von der Entrichtung eines Entgelts abhängig gemacht.
Dies ist in unseren Besuchsordnungen entsprechend geregelt. Die Unterlassungsansprüche werden ausschließlich aus dem Eigentumsrecht, mithin aus dem Privatrecht abgeleitet. Eine Nutzung der Abbildung erfolge ohne unsere Genehmigung.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte!
Das hat mich verblüfft, weil ich eigentlich erwartet hatte, dass es um die Urheberrechte am Foto selbst geht, Werk und Lichtbildwerk und so weiter, und diese Rechte, oder besser gesagt, die Nutzungsrechte, weil die Urheberrechte ja nur beim Fotografen selbst liegen können, irgendwie beim Land lägen, etwa als Auftraggeber. Erstaunlicherweise hat die Sache aber gar nichts mit Urheberrecht zu tun.
BGH, Urteil vom 01. März 2013, Az. V ZR 14/12
Der Schlüssel zum Verständnis liegt beim BGH. Hier zu finden. Zwar nicht das konkrete Urteil, aber die Rechtslage war mir bekannt, ich hatte sie schon einige Male und auch zur Causa Krah im Blog erwähnt, denn da geht es um die Bildrechte am Schloss Sanssouci, bei dem das ja auch so war, dass man Bilder, die von innerhalb des Grundstücks aufgenommen hatte, nicht verwenden durfte, weil Sache des Grundstückseigentümers. Ich hatte ja beschrieben, dass man das aufgegeben hat, weil man gemerkt hatte, dass man sich damit ins eigene Knie schießt, weil der Nutzung durch die Werbung, wenn die Leute Fotos machen und auf Webseiten und in Social Media als eine Art kostenlose Werbung zeigen, viel höher ist, als der entgangene Gewinn durch Verwertung. Und das auch überhaupt nicht mehr in die Zeit passt, Leute als zahlende Besucher haben zu wollen und ihnen dann zu verbieten, Fotos zu posten. Damit vergrätzt man die Leute.
Ich hatte aber nicht angenommen, dass hier dasselbe Recht angewendet wurde, einfach weil es um ein schlechtes und altes Foto ging, wenn überhaupt, denn bisher habe ich nur kleine Fotos des Titelbildes gesehen, aus denen mir nicht klar wurde, ob es überhaupt ein Foto oder eine Zeichnung ist.
Wenn ich da nun hingehen würde und mit einer modernen Digitalkamera die Brüllerfotos machen oder mit einer 360°-Sphärenkamera die tolle Ansicht gemacht hätte, hätte ich verstanden, dass man sich daran stört, weil man da selbst Einnahmen haben will – man hat ja schließlich auch die Kosten der Erhaltung und des Betriebs des Klosters.
Aber sich an so einem alten, flauen Foto abzunagen … Zumal ich dann eher mit einem Streit um eine Vergütung, als um die Unterlassung gerechnet hätte. Denn wenn jemand nach diesem Recht vorgeht, macht er ja ein wirtschaftliches Interesse und kein Unterlassungsinteresse geltend. Und wenn es nicht gerade um irgendwelche persönlichkeitsverletztenden oder sonstwie aus der Öffentlichkeit zu haltenden Fotos geht, wird normalerweise auch nicht verboten, sondern die Zahlung von Tantiemen in üblicher Höhe entschieden. Denn das Bild ist ja jetzt auch nicht nachteilig oder kompromittierend.
Das Foto
Es gibt das Buch in wohl mindestens 5 Auflagen, und gesehen habe ich drei Versionen des Titelbildes, nämlich eine, in der man nur eine – offensichtlich gezeichnete – Deckenwölbung sieht, dunkelblau/schwarz, und zweimal das gleiche Bild eines Wandelgangs, einmal in blau-schwarz, und einmal in weiß-braun. Ich gehe deshalb davon aus, dass das Bild des Wandelgangs gemeint ist.
Was ich bisher nicht weiß:
- Ist es überhaupt ein Foto? Oder ist es eine realistische Zeichnung? Oder vielleicht eine mit Kohle oder Graphit auf Papier durchgepaustes Foto? Alles davon war früher sehr populär, viele Leute haben früher realistisch gezeichnet, und das Durchpausen war selbst zur Zeit meiner Kindheit noch verbreitet und von vielen als Hobby betrieben. Durchscheinendes Pauspapier gab es früher in jedem Laden für Büro- und Kunstbedarf.
- Wann entstand das Foto, falls es eines ist?
Leser schrieben mir, das könne ja als Foto so alt nicht sein.
Dem würde ich widersprechen. Ich habe schon Fotos von erstaunlicher, ergreifender Qualität gesehen, die vor oder um 1900 entstanden sind, und so um 1920 gab es einen großen Schub in der Fotografie, als die anfingen, auf Papier im Heimlabor abzuziehen. Habe ich als Student auch mal gemacht, und das unterschied sich nicht wesentlich von der Technik vor hundert Jahren.
Es gibt Dinge, die die damals nicht konnten oder hatten:
- Farbfotografie
- Dauer- und Blitzlicht
- empfindliche Filme
- Lichtstarke Objektive
- Zoom-Objektive
- starke Tele- oder Weitwinkelobjektive
- kurze Belichtungszeiten, Fotos von bewegten Dingen
Mit alten Plattenkameras direkt auf Glas und mit alten Silberabzügen (1920er Jahre) konnte man hervorragende Bilder machen. Googelt mal Silberabzug, Silbergelatineabzug oder Silberbromid. (Bei Silberabzug bekommt man zunächst mal Fotos vom Abzug versilberter Pistolen.) Die konnten damals schon richtig gut fotografieren, freilich innerhalb der oben aufgelisteten Grenzen. Man sieht gelegentlich in Fotoausstellungen alte Fotos. Die haben was, da gibt es ganz tolle Fotos.
Bei den ersten Fotos dachte man ja erst, dass man lebende Materie nicht fotografieren könnte, weil man auf Fotos immer nur Häuser und Straßen sah, aber niemals Menschen oder Pferde zu sehen waren, obwohl die Straßen voll davon waren. Das lag aber einfach nur an den langen Belichtungszeiten, die Menschen, Pferde, Hunde standen ja nicht still. Berühmt ist deshalb die Aufnahme des Boulevard du Temple von Daguerre, die als erstes Foto eines Menschen gilt, weil man verblüfft feststellte, dass auch da, eine belebte Straße, alle Menschen unsichtbar sind, man aber unten einen Schuhputzer und dessen Kunden sieht, weil die da lange genug standen und saßen.
Dann erfand man Sessel und Stühle mit einer Halterung für den Kopf, damit man für längere Zeit sitzen konnte, ohne den Kopf zu bewegen, um Portraits zu fertigen.
Grundsätzlich aber wählte man tote Motive, die „stillhalten“ konnten.
Deshalb kommt mir das Foto auch genau so vor, als wäre es so vielleicht zwischen 1910 und 1930 entstanden (falls es ein Foto ist), und eine typische semiprofessionelle Arbeit dieser Zeit, bei der die Emulsion und deren Entwicklung etwas flau ausgefallen sind. Jemand, der damals experimentiert oder geübt hätte, etwa mit einer Rollfilm-Balgenkamera oder einer frühen Kleinbildkamera, der sich irgendetwas sucht, was „stillhält“, und wo er seine Kamera ruhig und geschützt aufstellen kann, hätte sich genau so eine Ecke gesucht. Das Motiv schreit geradezu nach der Fototechnik der frühen Tage. Und nicht nur ich selbst habe damals so die ersten Schritte beim Fotografieren gelernt, nämlich auch mit Stativ und sich irgendwas zu suchen, was nicht zappelt, sondern auch wenn ich mit meinem heutigen Wissen eine alte Kamera mit einem Film nach alter Technik austesten sollte, würde ich mir ein Motiv dieser Art suchen – auch damit das Foto dann schön alt aussieht.
Man müsste aber eben mal das Foto selbst sehen.
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Unter welchen Umständen das Bild entstanden ist.
Denn wenn man annimmt, dass das Bild aus der Zeit vor 1950 stammt – und der Verlag sagte ja, es sei über 70 Jahre alt – und mich erinnert es an noch ältere Aufnahmen, kann man davon ausgehen, dass das Bild mit einem Stativ aufgenommen wurde, und dass das kein Knipsfoto aus der Hüfte ist. Das kann kaum unauffällig und unbemerkt vonstatten gegangen sein. Und vielleicht zu einer Zeit, als das Kloster noch in Betrieb und bewohnt war.
Ich halte es daher für überwiegend wahrscheinlich, dass das Foto mit Wissen und Zustimmung irgendjemandes aus dem Kloster entstanden ist, wenn es denn ein Foto ist. Fotohandys hatten die damals noch nicht.
Meine Zweifel an der Entscheidung
Vorbehaltlich, weil ich ja noch nicht alles weiß.
Fehlende Begründung
Ich halte es für unzulässig, wenn in einer solchen Entscheidung überhaupt keine Begründung angegeben und nur auf die Schriftsätze verwiesen wird, denn die Schriftsätze sind nicht amtlich und auch nicht so, dass man nachträgliche Veränderungen erkennen könnte. Ich glaube nicht, dass so etwas statthaft ist.
Zulässigkeit
Auf mich wirkt die Entscheidung fehlerhaft, weil der Antrag – den ich noch nicht gesehen habe – bei mir den Eindruck erweckt, unzulässig zu sein.
Ich war sehr verblüfft, als ich da las, dass das kein Urteil, sondern ein Beschluss über einstweiligen Rechtsschutz ist, weil ich den da nicht erwartet hätte. Man kann nämlich einstweiligen Rechtsschutz nur innerhalb gewisser Frist ab Kenntnisnahme der Rechtsverletzung geltend zu machen, und die Frist liegt, je nach Landgericht, die sind da willkürlich, zwischen ein und zwei Monaten.
Wie aber bestimmt man den Zeitpunkt der Kenntnisnahme einer Rechtsverletzung bei einem ganzen Bundesland? Wessen Kenntnis ist dem Bundesland zuzurechnen?
Dazu kommt, dass das Buch ja nicht neu erschienen ist, sondern in angeblich fünfter Auflage vorliegt bzw. bei Antragstellung vorlag, und Krah, wie die ganze AfD, ja vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Es ist wenig plausibel und noch weniger glaubhaft, dass das Bundesland Baden-Württemberg just in dem Zeitraum zwischen Festlegung der Wahllisten und der Durchführung der Europawahl so ganz plötzlich Kenntnis von der Rechtsverletzung bekommen haben will.
Und dazu steht auch nichts im Beschluss.
Materieller Anspruch
Für so eine einstweilige Verfügung braucht man normalerweise einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch. Warum ist das eilig? Warum kann man nicht bis zu einer Entscheidung im Hauptstreit abwarten?
Da steht kein Wort. Und ich kann mir auch nichts denken, was da mit diesem Beschluss eigentlich geschützt werden sollte. Was sollte für das Bundesland Baden-Württemberg so unerträglich schlimm und nicht mehr gutzumachen sein, wenn dieses Bild da auf dem Buch ist? Worin soll der Schaden für das Land liegen? Es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, warum da überhaupt einstweiliger Rechtsschutz gewährt wurde. Wozu? Um was zu schützen?
Noch dubioser:
ohne mündliche Verhandlung wegen Dringlichkeit gemäß § 937 Abs. 2 ZPO beschlossen
Was soll denn daran so dringend gewesen sein, dass man nicht einmal verhandelt hat?
Also, was, außer im Wahlkampf einen Politiker zu schädigen und zu beschädigen?
Das Foto
Nicht einmal die zuständige Behörde selbst ist sich sicher, ob es überhaupt ein Foto ist. Sie schrieb mir
Nach unserer Auffassung handelte es sich um eine Fotoaufnahme.
So schreibt man nicht, wenn man es weiß.
Es gibt überhaupt keine Aussage zum Zeitpunkt der Anfertigung, und ob das Bundesland Baden-Württemberg zu diesem Zeitpunkt schon existierte und Eigentümer des Klosters war, oder das angewandte Recht damals überhaupt schon existierte.
Es gibt auch überhaupt keine Feststellung dazu, ob das Foto mit oder ohne Einverständnis des Klosters angefertigt wurde.
Oder durch wen. Ob derjenige nicht vielleicht sogar selbst Rechteinhaber war, vielleicht ein Bewohner des Klosters. Es ist ja nicht einmal gesagt, dass das Kloster durch einen Fremden gemacht wurde.
Oder unter welches Kirchenrecht das Kloster zu diesem Zeitpunkt fiel.
Oder ob das Foto bereits rechtmäßig gewerblich in Umlauf kam. Vielleicht stammt das aus einem Buch oder von einer Postkarte?
Die BGH-Entscheidung
Ob der BGH so etwas überhaupt entscheiden kann, halte ich für fraglich. Meines Erachtens müssten Gerichte einen direkten Weg zur Gesetzgebung haben und als Teil ihrer Entscheidung den Gesetzgeber mit Pflicht zur Kenntnisnahme auf Rechtslücken oder Unklarheiten hinweisen können, statt sich das Recht einfach selbst zu basteln. Der BGH meint, dass der Eigentümer des Grundstücks das Fotografieren verbieten kann, es damit also eine Rechteverletzung sein kann, wenn man es trotzdem tut. Die Frage aber, ob es denn verboten war (im Schloss Sanssouci war es das, vom Kloster ist das aber nicht bekannt) und damit das Foto ein Verbot verletze, wird nicht betrachtet.
Wichtig ist, dass der BGH klar sagt, dass es auf den Zeitpunkt der Aufnahme (und nicht der Nutzung) und den Erwerb des Eigentums am Grundstück ankommt:
Absatz 11:
c) Danach ist die ausgesprochene Unterlassungsverurteilung hinsichtlich der in dem Ausspruch dieses Urteils bezeichneten sieben Anwesen für Fotografien, die nach den jeweils angegebenen Erwerbszeitpunkten aufgenommen worden sind, begründet und insoweit aufrechtzuerhalten. Im Übrigen ist sie aufzuheben, weil das Eigentum der Klägerin an den anderen Anwesen und bei den im Ausspruch dieses Urteils genannten Anwesen ein früherer Zeitpunkt des Eigentumserwerbs nicht festgestellt sind.
Man kann also nicht frühere Rechte geltend machen, weil man – anders als bei den Urheberverwertungsrechte – nicht alte Rechte übernehmen kann, sondern nur dann, wenn man selbst Eigentümer ist. Ich kann mir ja auch nicht ein gebrauchtes Haus kaufen und dann rückwirkend Eigentümerverfügungen vornehmen, sondern nur in der Zeit, in der ich selbst Eigentümer bin.
Und da habe ich Zweifel, wenn das Bild laut Verlag über 70 Jahre alt sein soll, das Land Baden-Württemberg aber erst am 25. April 1952 gegründet wurde – was ja auch nicht heißt, dass es dann sofort Eigentümer des Klosters war.
Verbot des § 266 BGB
Meines Erachtens würden der Antrag und der Beschluss selbst dann, wenn sie auf Recht bestünden, das einer Nachprüfung standhielte, gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, nämlich das sogenannte, aber kaum bekannte „Schikaneverbot“:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 226 Schikaneverbot
Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.
Und genau das sehe ich hier gegeben, insbesondere weil es mitten im Wahlkampf von einem von den Grünen gesteuerten Ministerium gegen einen AfD-Politiker kommt, genau im Zeitraum zwischen Schluss der Wahlliste und der Wahl.
Und ich sehe nicht, welchen anderen Zweck diese Sache haben könnte, als im Wahlkampf dem Gegner zu schaden. Deshalb ist es auch so verheerend, dass das Gericht keinerlei Gründe angibt.
Ich halte das für unmittelbar rechts- und gesetzeswidrig. Das Gericht lässt sich zu einer politischen Schlammschlacht einspannen.
Vorläufige Wertung
Ich habe, wie gesagt, weder Informationen zu Art und Herkunft des Bildes, noch die Antragsschrift – und damit die Begründung – bisher gesehen.
Vorläufig aber halte ich diese Entscheidung für politisch motivierte Rechtsbeugung, nämlich einen Eingriff in den Wahlkampf. Oder mindestens Schlamperei. Oft ist das Richtern auch alles egal, die überlassen es dann den beiden Seiten, Recht herauszusuchen und vorzutragen, und übersehen dabei oder pfeifen darauf, dass sie nach GG selbst an geltendes Recht gebunden sind.
Wäre ich Richter, hätte ich so einen Antrag wohl als unzulässig oder unbegründet abgelehnt oder in der Güterabwägung mindestens auf nach dem Wahlkampf verschoben.
Ich versuche aber, noch an die Akten, Informationen über das Bild und die Antragsschrift zu kommen, und werde dann entsprechend nachtragen.
Last but not least
Streisand!