Ansichten eines Informatikers

„Der Verlust des Vertrauens in die öffentliche Ordnung ist eklatant“

Hadmut
8.7.2024 19:19

Vom Zerfall Deutschlands im Allgemeinen und seiner Wirtschaft im Besonderen.

Die Stuttgarter Zeitung hat ein Interview mit der Chefin der Maschinenbaufirma Trumpf: „Selbst meine Söhne fühlen sich auf der Königstraße nicht mehr wohl“

Was aber eigentlich geklaut ist, denn im Original ist es Interview mit dem SPIEGEL hinter Paywall, aus dem die Stuttgart das für Stuttgart Peinliche abschreibt: Trumpf-Chefin Leibinger-Kammüller: »Olaf Scholz tut mir fast leid«

Ich finde die Zitate in der Stuttgarter etwas unglücklich, zu sehr zusammengestutzt, wohl um nicht zu viel zu zitieren, damit aber meines Erachtens verfälschend, weil aus dem Kontext gerissen:

SPIEGEL: Sie sind seit knapp 40 Jahren bei Trumpf, seit fast 19 Jahren an der Spitze. Wie spüren Sie die aktuelle Krise?

Leibinger-Kammüller: Wir hatten im Maschinenbau schon immer Krisen, aber nun schlittern wir von einer in die nächste. Beim Umsatz sind wir jetzt etwas unter Vorjahr geblieben, es ging von 5,4 auf 5,2 Milliarden Euro runter. So richtig herausfordernd wird jedoch das laufende Geschäftsjahr. Nicht existenziell, aber wirklich herausfordernd.

SPIEGEL: Wie gehen Sie damit um?

Leibinger-Kammüller: Noch nie habe ich in all den Jahren ein derartiges Gefühl der Beklemmung empfunden. Die Weltlage ist beängstigend, wir haben eine schwierige ökonomische Situation im Land und eine Bevölkerung, die sich von der Politik entfremdet hat und sich nicht mehr vertreten fühlt. Aber ich bleibe positiv und entschlossen.

Das ist im Prinzip das, was ich schon so beschrieben habe: Wäre Deutschland eine Firma, dann hätten die Bürger als Mitarbeiter längst „innerlich gekündigt“ und den Gang „Dienst nach Vorschrift“ oder etwas darunter eingelegt.

Sie beschreibt dasselbe Syndrom aus Unternehmersicht.

SPIEGEL: BMW-Großaktionär Stefan Quandt sieht eine »Entfremdung, ja Sprachlosigkeit zwischen Kanzleramt und Wirtschaft«. Teilen Sie seine Kritik?

Leibinger-Kammüller: Die Entfremdung ist da, aber sie reicht in frühere Regierungen zurück.

Ach, der schon wieder.

Seit ich damals gesehen habe, was – unter seiner Beteiligung – bei der Rektorwahl in Karlsruhe ablief, ist das vielleicht gar nicht so schlecht, wenn zwischen Kanzleramt und Wirtschaft auch mal Ruhe herrscht.

[…]

In der gesamten Unternehmenswelt verstärkt sich seit Jahrzehnten der Eindruck, dass der Politik das Gespür dafür fehlt, wer eigentlich den Wohlstand in diesem Land erwirtschaftet.

[…]

„Es verstärkt sich der Eindruck.“

Verdammt, haben die dicke Socken an. Wir werden seit Schröder massiv auf Sozialismus und Kommunismus umgebügelt, haben einen massiven Krieg gegen die Wirtschaft, lauter linke Idioten, und „in der Unternehmenswelt verstärkt sich der Eindruck.“

Und wenn eine Atombombe fällt, sagen die „Herein!“, weil’s geklopft hat?

Leibinger-Kammüller: Olaf Scholz tut mir fast leid. Er hat es wahnsinnig schwer, weil er so viel interne Opposition von seiner Parteivorsitzenden Saskia Esken bekommt. Die SPD müsste sich wieder ihrer eigentlichen Klientel zuwenden, den Facharbeitern. Stattdessen entwickelt sie sich immer mehr zur Interessen­vertretung der Sozialhilfeempfänger.

Und das merken die jetzt erst? Sitzen die im Luftschutzbunker?

Schreibe ich doch seit Jahren: Jede Demokratie zerbricht, wenn die, die auf Kosten anderer leben, an eine effektive oder sogar absolute Mehrheit kommen und die Politik bestimmen. Da kommt man nicht mehr raus. Der Organismus stirbt unweigerlich an Parasitose. Genau das ist mit der SPD eingetreten.

Bisschen spät vielleicht, die merken das erst, wenn es zu spät ist:

Leibinger-Kammüller: Wir hatten im Maschinenbau schon immer Krisen, aber nun schlittern wir von einer in die nächste. Beim Umsatz sind wir jetzt etwas unter Vorjahr geblieben, es ging von 5,4 auf 5,2 Milliarden Euro runter. So richtig herausfordernd wird jedoch das laufende Geschäftsjahr. Nicht existenziell, aber wirklich herausfordernd.

SPIEGEL: Wie gehen Sie damit um?

Leibinger-Kammüller: Noch nie habe ich in all den Jahren ein derartiges Gefühl der Beklemmung empfunden. Die Weltlage ist beängstigend, wir haben eine schwierige ökonomische Situation im Land und eine Bevölkerung, die sich von der Politik entfremdet hat und sich nicht mehr vertreten fühlt. Aber ich bleibe positiv und entschlossen.

Als hätten die 30 Jahre im Bunker gesessen und würden jetzt zum ersten Mal rausgucken, wie es draußen so aussieht.

Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass sie sehr stark versucht, sich diplomatisch und milde auszudrücken, anscheinend kocht es in der mehr, als sie es ausdrückt:

[…] Wir erleben die Neuausrichtung der Weltmächte. Statt diese massiven Herausforderungen anzugehen, beschäftigen wir uns mit Dingen, die wichtig sind, aber nicht zentral.

SPIEGEL: Welche Dinge meinen Sie?

Leibinger-Kammüller: Die zunehmende Selbstoptimierung. Oder das Mikromanagement in ökologischen Fragen. Wir diskutieren darüber, ob wir in bestimmten Wörtern Sternchen setzen müssen. Wie viele Toiletten ich in der Firma haben muss, damit sich kein Geschlecht benachteiligt fühlt. Ich will diese Themen nicht kleinreden, aber wir haben gerade wirklich andere Probleme. Die Mittelschicht ist gestresst. Wir haben junge Eltern hier in der Firma, die durch den Arbeitstag hetzen müssen, weil die Kita mal wieder früher schließt. Wir leiden unter Fachkräftemangel in Erziehung und Bildung. Die Schulen sind marode.

Das ist sehr freundlich ausgedrückt.

Als Firmenchefin weiß sie aber garantiert, dass „Mikromanagement“ das klassische Symptom für Inkompetenz ist und dafür, dass jemand weit über seine Fähigkeiten nach oben befördert wurde und dort versagt. Und genau das findet in der Regierung statt. Wir haben ein Laienparlament, aus dem eine Regierung rekrutiert wurde, deren intellektuelles Niveau schon über einen Schulelternabend nicht hinausreicht, und der deshalb gar nichts anderes übrig bleibt, als solchen Kleinscheiß zu betrieben wie Genderklos zu zählen.

Die eigentlich Aussage darin ist: Die Regierung ist viel zu dämlich um zu regieren. Das kann – oder will – sie aber wohl nicht sagen. Aber das, was sie da sagt, kommt bei mir aromatisch so an, als ob sie das denkt.

SPIEGEL: Die Klage ist nicht neu. Was wäre Ihr Vorschlag?

Leibinger-Kammüller: Wir müssen im großen Stil in Bildung investieren. Mit sehr viel Geld. Und das sage ich als Befürworterin der Schuldenbremse: Lasst uns hier Sonderfonds bilden. Das Einzige, was uns dauerhaft vor Krisen und internationaler Konkurrenz schützt, sind gute Schulen, exzellente Universitäten und gut integrierte Menschen aus anderen Nationen. Und das kostet.

Stimmt.

„Exzellente Universitäten“ – das wäre ein idealer Ansatzpunkt gewesen, um Stefan Quandt mal zu fragen, was er sich damals bei der Rektorwahl von Hippler eigentlich gedacht hat. Ich habe damals in der öffentlichen Anhörung der Kandidaten ein paar Sekunden gebraucht, um den als inkompetent zu entlarven.

Und dann könnte man mal die Frage – auch an Stefan Quandt – stellen, welche Rolle solche Rektoren eigentlich beim hier beschriebenen Zerfall der Gesellschaft spielten. Denn eine ganz zentrale Rolle darin, dass die Regierung so ist, wie sie ist, und die Bürger sich von der Regierung entfremden, spielen die Gender Studies als Tarnorganisation der Kommunisten. Die Gender Studies wurden an den Universitäten gekocht, indem man die Kritiker ruhig gestellt hat – so wie Hippler damals gegen mich agitiert hat.

Und jetzt kommen Leute wie Nicola Leibinger-Kammüller oder eben Stefan Quandt, und beklagen Zustände, die aus ihrem eigenen, dem naiven und bisweilen korrupten Handeln der Wirtschaft, erwachsen sind.

Solche Leute saßen aber in den Hochschulräten. Schwester Susanne Klatten sitzt im Hochschulrat in München, der TUM. Und ratet mal, wer da noch sitzt oder saß: Dr. Nicola Leibinger-Kammüller und Ulrich Wilhelm berufen

Die hatten alle großen Einfluss auf die Hochschulpolitik und die Rektorwahl.

Und jetzt beklagen die sich, dass das Land – und damit die Prosperität ihrer Firmen – kaputt geht, obwohl sie selbst den Sprengsatz dafür gekocht haben: Denn die Korruption an den Hochschulen hat die Tür für den ganzen linken Kram und die Gender Studies geöffnet und damit die Universitäten zum Basispunkt der Zerstörung gemacht, über die die heute da jammern.

Geliefert, wie bestellt.

Hätten diese Milliardäre und Multimillionäre mal für 20 Pfennig nachgedacht, wäre es nie so weit gekommen, und sie hätten heute nicht diese Probleme, an denen sie gerade scheitern oder vor denen sie ins Ausland flüchten.

Und die Gewerkschaften überbieten sich gerade in der Forderung nach immer noch höheren Löhnen. Die IG Metall verlangt in der Tarifrunde, die jetzt beginnt, sieben Prozent. In dieser Krise! Selbst vier Prozent wären für das Gros der Betriebe nicht zu stemmen, wenn die Umsätze stagnieren. Die Belastungen sind einfach zu hoch – durch Steuern, Energiekosten und Bürokratie.

Das Problem hat man sich selbst gebaut.

Das Problem ging nämlich von den Universitäten aus.

Und dann kommt der Teil, der die Stuttgarter Nachrichten motiviert, daraus zu zitieren:

SPIEGEL: In Baden-Württemberg war die AfD bei der Europawahl zweitstärkste Kraft.

Leibinger-Kammüller: Unfassbar, oder?

SPIEGEL: Was ist Ihre Erklärung?

Leibinger-Kammüller: Die Umfragen zeigen klar, woran das liegt. Ganz oben rangiert die ungeregelte Einwanderung. Die Leute sagen, es kommen zu viele Menschen rein, die sofort Geld und Wohnungen bekommen. Das Zweite ist die Angst um angestammte Industriearbeitsplätze. Baden-Württemberg lebt vom Mittelstand, und viele Unternehmer sehen, dass wir auf eine Welle von Insolvenzen zulaufen. Hinzu kommt drittens die innere Sicherheit. Selbst meine Söhne, die sind zwei Meter groß, fühlen sich mitten in Stuttgart in der Königstraße nicht mehr wohl.

SPIEGEL: Weil die Zahl der Gewaltdelikte insgesamt zunimmt?

Leibinger-Kammüller: Es geht nicht nur um nackte Zahlen. Sie wissen, was mediale Bilder und Emotionen ausmachen, und diese werden ja auch geschürt. Der Verlust des Vertrauens in die öffentliche Ordnung ist eklatant. […]

Größe nützt halt nichts gegen Messer. Dem Baum nützt seine Größe auch nichts gegen die Kettensäge, weil er unten und nicht oben gefällt wird.

Leibinger-Kammüller: Ja, schon. Ich beschimpfe aber keinen potenziellen AfD-Wähler. Ich weiß auch nicht, wie viele bei uns diese Partei wählen. Ich sage nur: Bedenkt, dass die Sachlage sehr viel komplexer ist, als es die AfD oder Frau Wagenknecht erzählen. Die Antworten sind viel schwieriger und unbequemer. Und es gibt nicht diese eine Realität. Es ist nicht eine einzige Gruppe dafür verantwortlich, dass die BASF in Ludwigshafen Arbeitsplätze abbaut. Das stimmt einfach nicht.

Stimmt.

Das wäre ein hochinteressanter Ansatzpunkt, vor allem gegen die Parteien, die alles so einfach machen: Das wären aber besonders SPD und Grüne, für das Weltbild nur aus „Gegen Kapitalismus“ und „für Klima“ besteht und alles andere nur „Nazis“ sind.

Und dazu gehört eben auch, dass man Leute wie eben diese Leibinger-Kammüller mal fragt, ob sie nicht selbst – etwa in den Hochschulräten – zentral diese Lage verschuldet haben. Und sie es nur nicht merken, weil die Zusammenhänge für sie zu komplex sind.

Wir müssen mal damit aufhören, die „Komplexität“ immer nur von oben nach unten vom Bürger zu verlangen.

Wir müssen endlich mal damit anfangen, auch den Unternehmern eine gewisse Komplexität und ein Vorausdenken zuzumuten.

Es mag sein, dass sie die Interessen der Gesellschaft nicht interessieren. Das müssen sie auch nicht. Aber man muss ihnen klar machen, dass sie sich selbst ins Knie geschossen haben, und damit endlich mal aufhören sollen.

Und dazu gehört, dass sie sich über die Hochschulräte die Krankheit, an der alle leiden, selbst gezüchtet haben.