Ansichten eines Informatikers

Vom Wert des Doktorgrades

Hadmut
4.8.2024 16:39

Eine Leserin wollte mich trösten und schickte mir das:

Ja, so ist das wohl, und es gibt noch mehr Kommentare dieser Art:

Der Ruf des PhD ist auch nicht mehr, was er mal war, ähnlich wie der des Studiums, dessen Abschluss und Zeugnis ja bei vielen Unternehmen in den USA auch nichts mehr wert sind und durch rigorose eigene Prüfungen ersetzt werden, um vertrauenswürdig festzustellen, was jemand kann, nicht welche Papiere er mitbringt. Die Universitäten haben da jedes Vertrauen verspielt.

Neulich fragte mich jemand, was ich eigentlich will. Ob ich immer noch hinter dem Doktorgrad her wäre, oder warum sonst ich das alles mache.

Ich habe darüber nachgedacht, aber eigentlich will ich nicht mehr.

Erstens würde er mir auch nichts mehr bringen, ich bin durch mit Karriere.

Zweitens möchte ich nicht mit denen auf eine Stufe gestellt werden, denen man in den letzten 30 Jahren, vor allem der letzten 20 Jahre, den Doktor politisch vergeben oder gratis umgehängt hat. Ich habe in den Jahren des Bloggens soviel rotzdumme Doktoren erlebt und soviel unfassbar wertlose Dissertationen gesehen, dass ich in dem Zirkus nicht mehr auftreten möchte. Das ist längst so ein „staatlich geprüfter Zivilversager“ und „Bestätigung der political correctness“.

Drittens wüsste ich keine einzige (zumindest keine deutsche) Universität mehr, mit der ich noch irgendetwas würde zu tun haben wollen oder in Verbindung gebracht werden wollte. Wenn ich mir eine frei aussuchen dürfte, ich wüsste nicht, welche.

Und viertens geht es mir nicht um die zwei Buchstaben, sondern um den Riesen-Schaden, der mir danach entstand.

Es geht ja fünftens auch nicht mehr. Wenn man das so nachträglich bekommt, wirkt das ja nicht mehr, wird nicht mehr als echt angesehen. Das ist so, wie wenn man im Altersheim doch noch eine Medaille für die Olympischen Spiele 1996 bekommt. Ich kann ja nicht rückwirkend publizieren, rückwirkend an Konferenzen teilnehmen oder mich rückwirkend auf Stellen bewerben.

Sechstens ist man als alter weißer deutscher Mann im akademischen Umfeld sowieso abserviert, egal ob mit oder ohne Doktor oder Goldmedaille.

Siebtens sind die Universitäten so am Ende wie Berliner Grundschulen. Es ist zwar sehr ärgerlich, wenn man den Abflug eines Flugzeuges verpasst, weil sie einen nicht reingelassen haben, aber deshalb auch kein Grund, noch einzusteigen, wenn das Flugzeug schon abstürzt.

Achtens ist das Land sowieso pleite, die Industrie im Niedergang. Und mir wäre nicht bekannt, dass man für einen Doktor dann mehr Bürgergeld bekommt.

Davon ganz abgesehen habe ich mich inzwischen dran gewöhnt, dass andere mit „Prof. Dr. xy habil. …, Direktor des Sonstwas, Sonderbeauftragter bla blubb“ vorgestellt werden und bei mir „Hadmut Danisch“ reicht, ich solche Verzierungen und Lametta auch nicht mehr bräuchte.

Ich glaube, das Thema „Doktor“ ist generell ziemlich durch und zum Witz geworden.

Kaputtgewoked.

Man hat den Doktor völlig auf woke gebügelt, und wir sind beim Eintritt in die Post-Woke-Ära. Es spricht sich herum, dass Woke einfach nur marxistische Idioten sind, und alles kaputt geht, was sie in die Finger kriegen. Außerdem sind wir im Übergang in die islamische Gesellschaft, in der der einzige Platz für Wokeness der Steinigungsplatz ist, oder der Fleck vor dem Hochhaus.

Und der Doktor und die Universitäten gehen gerade zusammen mit der Wokeness unter.

Ich hatte das vor Jahren schon beschrieben, dass ich überzeugt bin, dass die Universitäten nur noch in den Fächern großen Bestand behalten werden, in denen es darum geht, praktische Fähigkeiten zu erlernen wie etwa Medizin. Das kann man nicht im Fernstudium lernen.

Es wird eher Online-Kurse geben, in denen man nicht mehr im Sinne eines ganzen Studiengangs, sondern selektiv bestimmte, einzelne Fähigkeiten und Fertigkeiten erlernt, und der Wert von Prüfungen und Zertifikaten wird sinken bis verschwinden. Man wird immer mehr dazu übergehen, Leute im Rahmen des Einstellungsprozesses und kontinuierlich zu bewerten, beispielsweise indem Dienstleister online-Prüfungen anbieten, an denen man teilzunehmen hat, oder auch die abgelieferte Arbeit – Software, Texte, was auch immer – automatisiert bewertet wird. In der Informatik gibt es so etwas schon, wie Systeme, die nach Sicherheitsfehlern suchen, und deren Ergebnisse man zur Bewertung nutzen könnte. Auch bei Journalisten war das früher noch so, dass die Zeitung im Ganzen verkauft wurde und man nicht so genau wusste, was davon gelesen wird, während man heute sehr genau analysieren kann, welcher Artikel wieviele Leser bringt, wie lange sie lesen, ob sie nur den Anreißer lesen oder den Text bis ganz runter scrollen, bevor sie die Seite verlassen, wieviele Werbeeinnahmen der Aufruf bringt.

Die Konsequenzen sind erheblich.

Bislang war es so, dass man sich mit seinem Abschluss – Diplom, Master, Doktor – eine relativ stabile Grundlage schaffen konnte, von der man bis zur Rente zehren konnte, nach dem Schema was man hat, das hat man. Auch das hat man zertrümmert mit dem „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, wobei man unterstellte, dass Arbeit von Leuten gleich sei, wenn diejenigen Hochschulabschlüsse derselben Stufe haben – der Ingenieur mit 20 Jahren Berufserfahrung also gleich wie eine Anfängerin in Kulturwissenschaften beurteilt werden muss, und das wird man rigoros umdefinieren, nachdem die Firmen die Wokeness so ankotzt wie Kalifornien.

Man wird von Abschlüssen und woanders erzielten, früheren Leistungen, und deren ohnehin im Zeitalter der Politisierung nicht nachprüfbaren und willkürlich vergebenen oder auch – besonders bei Migranten – oft „verlorenen“ oder – gerade in Asien notorisch – oft gefälschten oder betrügerisch – Plagiate, Ghostwriter, KI – erworbenen Nachweisen völlig abrücken, zumal der Transzirkus die Ausstellung von Zeugnissen ad absurdum führt, wenn man den Namen beliebig wechseln kann. Stattdessen wird man zu kontinuierlichen Leistungsnachweisen übergehen.

Ich habe das ja selbst schon seit ungefähr 2008 miterlebt: Früher hat man seinen Job gemacht, fertig.

Dann aber kam das, dass man ständig irgendwelche Ziele definieren und erfüllen muss, von denen ein Teil des Gehaltes abhängt, und diese Ziele ohnehin nie richtig sinnvoll sind oder man vorher nicht wissen kann, wie das kommende Jahr läuft. Eigentlich ist das Schwachsinn und beruht auf der Annahme, dass derjenige in der Firma bleiben will und sich dann Mühe gibt, das Gehalt zu steigern. Eigentlich müsste es anders laufen. Eigentlich müsste man so alle zwei Jahre einfach rückblicken, wie es gelaufen ist, und dann aushandeln, wieviel es dem Arbeitgeber wert ist, einen für die nächsten zwei Jahre weiter anzuheuern, und man sich dann überlegen, ob man es annimmt oder nicht. In der IT kann man in aller Regel ernstliche Gehaltssteigerung auch nur durch Wechsel der Firma erzielen. Innerhalb einer Firma geht es in der IT kaum aufwärts.

Man hat aber den Ziele-Firlefanz eingeführt, weil irgendwelche HR-Akrobaten meinten, mit irgendwelchen Metriken punkten und die Mitarbeiter wie Galeerensklaven einspannen und quasi im Teilzeitakkord arbeiten zu lassen, was ja dann durch Scrum noch pervertiert wurde.

Das wird in vielen Berufen nicht mehr lange gehen. Man wird kontinuierlich und per KI den Wert messen und ausrechnen, was der Mitarbeiter dem Unternehmen gebracht hat, und daran messen, wieviel man ihm zahlt, damit er bleibt.

Das alles wird sich auch auf der anderen Seite, bei den „Arbeitnehmern“ verändern.

Denn immer mehr Leute werden eben keine „Arbeitnehmer“ mehr sein, sondern als Selbständige, Freiberufler, oder Kleinstunternehmen Dienstleistungen erbringen. Scheiß’ drauf, ob ich Diplom, Master oder Doktor habe, nennt mich „Geschäftsführer“ oder „CEO“ der Sonstwas GmbH.

Und wenn, dann bewirbt man sich mit seinen tatsächlichen Leistungen, nicht mit seinen Abschlüssen.

Und dazu wird noch die Frage aufkommen, wie in einer durchmigrantisierten Gesellschaft ausländische Abschlüsse anerkannt werden müssten und wie man sie überhaupt nachweist und Personen zuordnet, die ohne Pass kommen und von denen mindestens die Hälfte „Mohammed“ heißt und kein klares Geburtsdatum hat.

Die Lösung ist: Gar nicht. Abschlüsse sind nichts mehr wert. Es wird nur noch um die ad hoc und vor Ort feststellbare Leistung gehen.