Ansichten eines Informatikers

„Freilernen“

Hadmut
4.8.2024 20:07

Darauf wird es wohl hinaus laufen.

Ich hatte ja schon über den Niedergang der Universitäten und Schulen geschrieben, und dass ich prognostiziere, dass sie an Wichtigkeit und Bedeutung stark verlieren werden, vorrangig für solche Studiengänge anstehen werden, die körperliche Fähigkeiten und Erfahrung vermitteln wie bei den Medizinern, oder eben erfordern, etwas vor Ort zu beobachten und versuchen. Ärzte müssen ja lernen, etwa Zähne zu behandeln oder zu operieren. Das kann man ja nicht im Fernstudium oder vom Homeoffice aus. (Obwohl: Vor langer Zeit, ungefähr zur Zeit meines Studiums, gab es einen vermuteten Mordfall in Mannheim, wo jemandem auf dem Gehweg plötzlich eine abgetrennte Hand in einem durchsichtigen Plastikbeutel vor die Füße fiel. Mordkommission, das volle Programm. Stellte sich heraus: Ein Medizinstudent hatte ein Leichenteil bekommen, weil er sie präparieren, aufschneiden, wieder zusammennähen sollte, sie verbotenerweise mit nach Hause genommen zu haben, um das zuhause zu üben. Dann bekam er Besuch, und weil er den Besuch nicht mit Leichenteilen konfrontieren wollte, hat er sie kurz auf den Balkontisch gelegt, wo sie dann ein Windstoß wegwehte. Wenn man das akzeptiert und kühlt, könnte der Paketbote die Hausaufgabe liefern.) In der Informatik kommen auch praktische Übungen vor, aber die kann man sehr gut verschicken und zuhause machen, seit der Krempel so billig geworden ist. Zu meiner Zeit hat das ja noch ein Vermögen gekostet, heute ist das alles billiger Bastelkram.

Ich gehe aber davon aus, dass es zukünftig viel mehr Fernstudien geben wird, die vielleicht sogar von den festen Semestergrenzen gelöst werden, weil die Vorlesungen per Video gehalten und die Aufgaben per KI usw. kontrolliert werden. Oder gleich als Software, die man herunterlädt. Ich hatte ja vorhin erwähnt, dass ich auch vermute, dass man keine Vollstudien mehr betreiben wird, sondern einzelne, kleine Teile lernen wird.

Gerade läuft im ZDF in der Reihe Terra X ein Bericht über eine Familie, die mit einem Katamaran in der Welt herumsegelt. Tolle Sache. Beneidenswert. Keine Ahnung, wie die das schaffen und finanzieren, und nicht von Piraten versenkt werden.

Dabei berichten sie auch von den beiden Kindern (Tochter im Teenager-Alter), wie die ihren Schulunterricht machen. Obwohl die Tochter aufgeweckt und nicht blöd sei, habe sie in der Schule anfangs große Schwierigkeiten gehabt, es sei ADHS und irgendeine Lesestörung oder so etwas diagnostiziert worden, weshalb sich die Familie für „Freilernen“ entschieden habe, womit die anscheind prima klarkommen. Die sitzen halt tagsüber ein paar Stunden am Notebook und lernen da, Deutsch, Englisch, Mathe und so weiter, und können dann später an der Abiturprüfung teilnehmen.

Ich weiß zwar nicht, wie das rechtlich funktioniert. Vermutlich nur deshalb, weil sie ja nicht in Deutschland leben und damit wohl nicht der Schulpflicht unterliegen, so genau haben die das nicht gesagt.

Aber ich halte das – zumindest für viele Kinder, jedenfalls die schlaueren, die selbst lernen können – für das Modell der Zukunft, wenn unsere Schulen immer mehr kaputt gehen und ausfallen, und Privatschulen zu teuer sind. Ich hatte ja schon einige Male kritisiert, dass es keinen richtig guten Online-Unterricht gibt, etwa für Kinder, die lange im Krankenhaus oder im Ausland sind.

Im Prinzip läuft auch das dann auf ein Fernstudium hinaus. Letztlich hat man dann irgendwann vier Fernstudiumsphasen: Grundschule, Oberschule, Bachelor, Master. Oder eben nur selektive Fähigkeiten. Und das dann alles online. Prüfungen vor Ort oder bei Bewerbungen in der Firma.

Letzlich sind Universitäten und Schulen dann so obsolet und überflüssig wie Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk.