Ansichten eines Informatikers

Bundesverwaltungsgericht hebt Compact-Verbot vorläufig auf

Hadmut
14.8.2024 15:12

Siehe Pressemitteilung. Normalerweise hat das wenig zu sagen, weil es da erst einmal nur um einstweiligen Rechtsschutz geht und Schäden abzuwenden, die nicht wieder gutzumachen wären.

Beachtlich aber die Feinheiten:

Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Verbotsverfügung erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin zu 1 als offen. Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte und als Presse- und Medienunternehmen tätige Antragstellerin zu 1. Alles spricht auch dafür, dass die Verbotsverfügung formell rechtmäßig ist. In materieller Hinsicht gibt es keine Zweifel daran, dass es sich bei der Antragstellerin zu 1 um einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG handelt, der sich die Aktivitäten der Antragstellerin zu 2 als seiner Teilorganisation zurechnen lassen muss. Ob diese Vereinigung aber den – wie alle Gründe des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG, Art. 9 Abs. 2 GG eng auszulegenden – Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung erfüllt, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Einzelne Ausführungen in den von der Antragstellerin zu 1 verbreiteten Print- und Online-Publikationen lassen zwar Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) erkennen. Es deutet auch Überwiegendes darauf hin, dass die Antragstellerin zu 1 mit der ihr eigenen Rhetorik in vielen Beiträgen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen einnimmt. Zweifel bestehen jedoch, ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge in den Ausgaben des “COMPACT-Magazin für Souveränität” die Art. 1 Abs. 1 GG verletzenden Passagen für die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, dass das Verbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist. Denn als mögliche mildere Mittel sind presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen in den Blick zu nehmen.

Das ist schon mal eine Windrichtung und ein erster Hinweis, eine Mitteilung, was das Ergebnis ihrer ersten summarischen Prüfung ist. Einige Aspekte des Verbots halten sie für unkritisch, es wird also wohl nicht um formale Fehler gehen. Und, wie ich das in meiner Einschätzung auch schon schrieb, die Aufregung darüber, das Vereinsrecht auf einen Verlag anzuwenden, zieht nicht. Das geht schon.

Anscheinend hat Faeser das Gericht aber bisher nicht überzeugen können, dass die inhaltlich tatsächlich so gefährlich sind, wie sie das darstellt. Man hält sie offenbar für ungehobelt und mag sie nicht, aber sieht die Schwelle zum Verbot bisher wohl nicht erreicht.

Und letztlich teilt das Gericht damit auch öffentlich mit, dass sie sich mit dem Formalkram und Vereinsrecht nicht weiter herumschlagen, sondern sich auf die Hauptsache konzentrieren werden, nämlich die Frage, ob Compact so gefährlich ist, dass es gerechtfertigt ist, sie zu verbieten.

Im Prinzip ist das eine Mitteilung an Faeser, dass sie da noch nachlegen muss und das wohl zu dünn aussieht. (Wobei ich jetzt nicht weiß, ob man da überhaupt nachlegen kann und darf.)

Allerdings darf man das auch nicht überinterpretieren. Richter geben sich gerade in solchen Einstweiligen Rechtsschutz-Angelegenheiten immer große Mühe, nicht den Eindruck zu erwecken, sich vorzeitig festgelegt zu haben, nicht mehr offen für Vortrag zu sein, befangen zu sein. Deshalb sagen die da immer gern „Erfolgsaussichten sind offen“ – was sollten sie auch sonst sagen. Wären sie nicht offen, sondern Erfolg oder Niederlage klar, könnten (und müssten) sie ja gleich durchentscheiden. Es ist ja gerade die Voraussetzung einstweiligen Rechtsschutzes, dass der Ausgang offen ist.

Trotzdem lehnen sie sich weit aus dem Fenster, indem sie durchaus inhaltliche Dinge vorwegnehmen: „in weiten Teilen nicht zu beanstanden“ heißt: In manchen Teilen eben doch.

Und dann werfen sie die Frage auf, ob die Teile, die zu beanstanden sind, derart prägend sind, dass man das auf das Medium verallgemeinern kann. Und da heißt es nicht „offen“, sondern „Zweifel bestehen“.

Insbesondere der Hinweis auf mögliche mildere Mittel dürfte der Hinweis sein, worin sie den Fehler sehen.

Das riecht zumindest danach, dass es darauf hinauslaufen wird, dass sie Compact zwar schon irgendwie für ein Drecksblatt halten, aber nicht dreckig genug für die größte Keule. So „Stubenarrest und ein paar hinter die Löffel hätten auch gereicht“.

Verströmt zumindest ein Aroma danach, dass Faeser scheitern wird. Könnte aber auch ein subtiles Täuschungsmanöver sein um vorzugaukeln, sich wohlwollend damit befasst zu haben. Glaube ich aber nicht, das riecht schon danach, als ob sie von Faesers Verbot nicht viel halten.

Leider ist die Entscheidung selbst noch nicht veröffentlicht, da steht dann sicher mehr Musik drin.

Aber die Pressemitteilung hat schon überraschend viel Duft.

Und a Watsch’n für Faeser is’ scho.

Also müssten wir dann die Bilder sehen, auf denen das SEK die beschlagnahmten IKEA-Büromöbel wieder reinträgt.

Aber vermutlich wird dass jetzt dauern und bis zu einer Entscheidung die SPD vermutlich nicht mehr in der Regierung und Faeser nicht mehr im Amt sein. Im Prinzip ist Compact bis dahin sogar sicherer als vorher, denn jetzt können die denen erst einmal nichts mehr machen.