Ansichten eines Informatikers

Wenn ich Minister wäre …

Hadmut
13.11.2024 18:11

Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.

Ein Leser fragt an:

Servus Hadmut,

sicherlich hast du schon mitbekommen, daß Elon Musk eine tragende Rolle als neuer Effizienzchief unter der Trump-Administration erhalten wird.

Angenommen, du würdest eine solche Gelegenheit bei uns erhalten: Welche Rolle würdest du in Deutschland einnehmen und welches Ressort, um z. B. Innenminister, Justiz,… neu aufzubauen?

Beste Grüße,

Weiß ich nicht. Ich bezweifle, dass ich da überhaupt reinpasse.

Ich will es mal so sagen: Ich habe oft genug beschrieben, dass Informatiker zwar programmieren, administrieren usw. können, aber – im Gegensatz zu dem, was viele glauben – keine Programmierer, keine „Coder“ oder Administratoren sind, sondern Organisatoren, Architekten und dergleichen, weil wir strukturell Generalisten und die mit dem Überblick sind.

Ich war eigentlich immer am besten in zwei Tätigkeiten, und ausgerechnet in solchen zwei, an denen andere meist früh scheitern:

  • Fehleranalyse und -suche unter abgefahrenen Bedingungen
  • Neu- und Umstrukturierungen, to boldly do what no one has done before

Oder etwas salopper gesagt: Jemandem den Laden aufräumen und zum Funktionieren bringen, die Abhängigkeiten und Zusammenhänge zu klären. Mir würden eine ganze Menge von Dingen einfallen, die man in dem Saftladen Bundesregierung aufräumen könnte und müsste. Da gäbe es viel zu tun.

Das Problem daran

Das Problem ist, dass ich Deutschland für völlig unreparierbar und unaufräumbar halte.

Der Grund liegt nämlich im Föderalen und im Ressortprinzip. Bei uns ist alles, ob Ministerien oder Bundesländer oder Bund-Länder-Kompetenzen verteilt, um den Korruptionssumpf möglichst groß zu machen, damit möglichst viele Leute Posten und Geld bekommen. Man kann in Deutschland nichts mehr aufräumen, weil alles auf zu viele Zuständigkeiten und Posteninhaber verteilt ist. Geht nicht mehr.

Im Prinzip steckt dahinter sogar Absicht, aber eine ganz andere. Man hat nämlich damit versucht zu verhindern, dass es wieder zu einem totalitären, zentralistischen Machtsystem wie das Dritte Reich kommen kann. Deshalb hat man das alles so konstruiert, dass es so etwas nicht mehr geben, so etwas nicht mehr funktionieren kann.

Das Dumme daran ist, dass das so effektiv ist, dass auch sonst keine Regierungsform mehr existieren und funktioniere kann. Aus dem Versuch, undemokratische Regierungsformen zu verhindern ist eine Art Generalsabotage erwachsen.

Ein Beispiel: Ich kämpfe gerade mit dem Ministerium für Digitales und Verkehr, Volker Wissing.

Die nämlich wollen von mir eine auf Papier zugesandte Fotokopie meines Personalausweises, um mir eine Auskunft zu geben. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass das Quatsch ist, denn wenn ich mich ihnen gegenüber mit der Zusendung einer Ausweiskopie ausweisen könnte, könnten sie sich ja dann mit dem Besitz dieser Kopie gegenüber Dritten als mich ausgeben.

Tatsächlich gibt es eine bessere Lösung, nämlich über BundID und ePerso, was das Innenministerium umgesetzt hat. Nicht schön, aber läuft und funktioniert. Und nach deren Auskunft steht das auch allen Behörden und Ministerien zur Verfügung.

Nur: Ausgerechnet das „Ministerium für Digitales“ weiß davon nichts, kapiert das auch nicht, ist felsenfest im Analogzeitalter festgemauert.

Ich würde da eine ganze Menge Leute sofort feuern und zum Teufel jagen, wegen erwiesener Universalunfähigkeit. Und den Wissing zuerst.

Geht aber alles nicht, weil die Leute verbeamtet sind, und weil das alles in das „Ressortprinzip“ fällt. Das Innenministerium (SPD) kann dem Digitalministerium (Ex-FDP) nicht sagen, he, verwendet mal BundID. Es herrscht das Prinzip der souveränen Inkompetenz.

Da ist eigentlich nichts mehr zu reparieren oder geradebiegen.

Ich wäre wohl gut darin, eine neue Staatsform zu entwickeln, die nach, an Stelle dieses Krampfes käme. Aber an Deutschland, wie es ist, kann man eigentlich im Großen nichts mehr verbessern oder reparieren, das ist unrettbar im Eimer.

Dazu kommt, dass das alles selbst da, wo man nicht an die Strukturen als solche stoßen würde, ständig und überall mit Korrupten, Idioten, Ideologen, Linken, Armleuchtern konfrontiert wäre.

Das ist nicht mehr zu reparieren.

Und damit will ich nicht sagen, dass ich aufgebe, kapituliere, mich drücke. Ich habe gesagt, dass Fehleranalyse eine meiner Stärken ist. Und das ist meine Fehleranalyse. Dieser Beamtenstaat, dessen Primärzweck es ist, als Versorgungsanstalt für die Parteien zu dienen, ist nicht mehr in einen funktionsfähigen Zustand zu bringen.

Oder anders gesagt:

Wäre der Staat ein Patient und ich sein Arzt, würde ich ihn ins Staatenhospiz zur Palliativbehandlung überweisen. Oder vielleicht nicht einmal das. Ich weiß von einem Fall, da wurde jemand im hohen Alter akut als Notfall in ein Krankenhaus eingeliefert, und die ärztliche Einschätzung lautete, die Verwandten zu informieren: „Mit dem Versterben ist zu rechnen.“ Hatte auch recht damit, hat keinen Tag mehr gedauert. Da war einfach nichts mehr zu machen, Totalinfektion, Ganzkörperversagen.

In der Informatik gibt es so etwas eigentlich nicht. Wir kennen das zwar, dass man alte Systeme, die nicht mehr wartbar sind, noch etwas laufen lassen muss, bis man die Daten migriert hat, aber grundsätzlich gibt es dieses Palliativprinzip bei den Informatikern nicht.

Wenn mich also jemand fragt, was ich mit diesem Staat tun würde, dann komme ich mir vor wie dieser Arzt. „Mit dem Versterben ist zu rechnen.“ Aber es gibt in meiner Zunft keine Entsprechung dafür.

Weil dieser Staat so gebaut ist, dass er einem an allem, was ihn – vielleicht – noch retten oder das Versterben hinauszögern könnte, systematisch hindert.

Denn ich würde erst einmal alle inkompetenten, unfähigen, negativen oder überflüssigen Leute rauswerfen. Dann wäre fast keiner mehr da. Aber das lassen die natürlich nicht mit sich machen.

Allein, wenn ich schon diese Kombination sehen: Ministerium für Digitales und Verkehr. Was soll der Scheiß? Eine völlige Fehlkonstruktion, aber Produkt von Koaltionsverhandlungen und Machtansprüchen. Anscheinend gibt es da aber niemanden, der weiß, was „Digitales“ ist. Und das würde ich auch nicht ändern können.