Nichts wirklich Neues zum DHL-Flugzeugcrash
Ein Leser weist darauf hin,
dass es hier eine schöne Erklärung eines Profis zu Flugzeugabstürzen gebe:
Mir fehlt es an der Sachkunde, um das wirklich alles komplett durchzuverstehen, aber soweit ich es verstehe, sagt der auch nichts anderes, als ich schon als Laie geschrieben hatte, nur eben professionell erklärt:
- Es gab Kommunikationsprobleme mit dem Tower. Die Fluglotsin hat die Funkfrequenz leicht fehlerhaft angesagt, und sie haben sie dann falsch verstanden und falsch bestätigt, dann falsch eingestellt, und konnten nicht mehr kommunizieren.
- Sie waren zu schnell und sind im Anflug etwas über die Rechtskurve hinausgeschossen, haben das aber korrigiert.
- Dann gab es seiner Vermutung nach Probleme mit dem Ausgleichen der vom ILS angezeigten Fehllage, weil es da zwei Anzeigen gibt (ich glaube, das mal in Flugsimulatoren gesehen zu haben, dass die Anzeige zwei Striche zeigt, die er da mit zwei Kugelschreibern nachbildet, einen horizontal, einen vertikal), die anzeigen, ob man auf dem richtigen Pfad (Position) und der richtigen Höhe anfliegt, und es da irgendeinen Fehler beim Ausgleichen gab.
- Letztlich aber sagt er, was ich schon schrieb: Im Cockpit ist das normalerweise so, dass einer fliegt und einer den Funk macht, und es unklar ist, wieso sich die Verwirrung und die Probleme des Funkers darauf ausgewirkt haben sollen, dass der, der fliegt, die Fluglage verbockt hat. Er sagt, dass man den Flight Recorder finden müsse, um herauszufinden, was passiert sei. Nun habe ich aber heute irgendwo gelesen, dass beide Recorder (Daten und Gespräche) gefunden und ins Ausland gebracht worden seien, weil Litauen selbst nicht über die Mittel verfüge, die auszuwerten. Man wird es also erfahren.
- Auf deutsch: Er weiß auch nicht genau, was passiert ist und wie die Kommunikationsprobleme damit zusammenhängen, dass sie da falsch in den Anflug reingekommen sind.
Ungefähr so weit war ich auch schon.
Nun schreibt mir ein Leser mit Flutlotsenerfahrung, den ich auch schon früher zitiert hatte
Sehr geehrter Herr Danisch,
den einzigen Fehler, den man der Lotsin ankreiden könnte, wäre, daß sie die Maschine anwies, den Kontrollturm auf “ONE TWO EIGHT TWO ZERO FIVE” anstatt korrekt “ONE TWO EIGHT DECIMAL TWO ZERO FIVE”, was die Piloten falsch mit “ONE TWO EIGHT ZERO FIVE” bestätigten und im “Funkloch” verschwanden.
Weitaus interessanter für den Unfallhergang dürfte die Tatsache sein, daß die Piloten mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in das Verfahren eingeflogen sind, so daß der Autopilot deswegen beim Eindrehen in den Endanflug die Anfluggrundlinie “überschoß” und zurückkorrigieren mußte. Ein solcher Ritt beeinflußt auch das Einhalten des 3° Gleitweges.
Näheres auf dem youtube Kanal von “blancolirio”.
während mir ein anderer schreibt
allo Hadmut,
ich habe bei /r/Aviation auf Reddit mitbekommen, dass es wohl Kommunikationsprobleme bezüglich der aktuellen Höhe des Flugzeugs gab. Da gibt es (angeblich) auch im Netz ein Audiofile davon, wo man raushört, dass die Piloten die falsche Höhe bestätigen (zurück funken). Ich hab’s mir nicht angehört. Es stammt von einer der vielen Webseiten, die aus Interesse den Flugfunk mitschneiden. Zusätzlich gibt es Videos vom Absturz aus Überwachungskameras.
Die Leute bei Aviation erklärten den Unfall so: da die Russen das GPS in der Region stören (das ist bekannt und ist nicht der erste Vorfall), waren die GPS-Höheninformationen des Flugzeugs unbrauchbar. Das wussten die Piloten, also sind die auf das klassische Höhenmesser ausgewichen. Das funktioniert per Luftdruck und muss beim Start kalibriert werden. Von Zeit zu Zeit funken die dann auf der Route mal paar Tower an, und gleichen ihre aktuelle Höhe mit der richtigen vom Tower ab, da Luftdruckgebiete ja schwanken können. Die vom Tower ist per Radar gemessen und daher deutlich genauer. Beim Ladeanflug haben die das wohl auch gemacht, der Tower hat denen dann ihre Höhe gesagt, aber durch die Kommunikationsprobleme haben sie aber ihre eigene Höhe falsch verstanden. Die dachten wohl sie sind höher als das Flugzeug wirklich war, und haben dann zu tief den Landeanflug gestartet.
Klingt schon plausibel. Laut den Videos die ich gesehen habe, gingen die einfach „ganz entspannt“ zu tief runter, und zwar schon im richtigen Winkel, aber weit vor der richtigen Landebahn.
Vielleicht nützen dir diese Infos was.
Ich habe das bisher so verstanden, dass die zwar die Flughöhe durchgeben und auch den Luftdruck, auf den sich das bezieht, aber ich habe das so verstanden, dass die die Funkfrequenz falsch durchgegeben und falsch verstanden haben, nämlich 118.05 statt 118.205. Von einer falschen Höhe habe ich da bisher nichts gesehen, nur von einer zu hohen Geschwindigkeit.
Und das ist dann auch der Punkt, an dem mein Laienwissen auch endet, wo ich das nicht mehr nachvollziehen kann, weil mir einfach die Cockpitpraxis und das Fliegen fehlen. Ich habe einige Male in so ganz kleinen viersitzigen Flugzeugen (Cessna, irgendwas Französisches, ein Wasserflugzeug…) auf dem Copilotensitz gesessen und kenne diese ganz kleinen Funkgeräte, die da eingebaut sind, aber nicht die in Verkehrsmaschinen.
Der Knackpunkt ist, dass da doch eigentlich zwei Leute im Cockpit sitzen, einer funkt, einer fliegt, und die Probleme des einen nicht auf den anderen durchschlagen dürfen.
Als Informatiker fällt mir aber eines auf: Problem Benutzerinterface.
Warum, zum Geier, muss die Fluglotsin die Funkfrequenz des Towers überhaupt durchgeben?
Wie ich nicht nur als Laie vermutet habe, sondern wie der Profi im Video auch ausdrücklich zeigt, steht die Frequenz im Landeanflug-Chart des Flughafens oben drauf. Die müssten diese Frequenz eigentlich schon seit der Flugvorbereitung gewusst haben.
Warum müssen die die Frequenz noch per Funk übermitteln und können sie falsch eingeben, wenn das doch vorbereitet sein müsste?
Meines Erachtens gehört das in den Flugcomputer und den Kartenplotter, die dann anzeigen sollten und, sofern man nicht manuell interagiert, ab hier solltest Du die Frequenz 118.205 eingestellt haben mit Warnanzeige, wenn es nicht so ist, und entweder automatischer oder leicht zu übernehmender Einstellung. Dass man also die Frequenz nur noch dann eingibt, wenn aus irgendwelchen Gründen eine abweichende Frequenz sein muss.
Ich stelle mir das vom Design eines Benutzerinterfaces so vor, dass man auf einem Bildschirm eine Liste der Frequenzen sieht, ab dem Punkt bitte diese Frequenz, und das Ding dann warnt, wenn man vom Soll abweicht, oder man durch einfache Bestätigung per Knopfdruck automatisch auf die nächste erforderliche Funkfrequenz übergeht. Ich halte das für einen absurden Zustand, dass die die Kommunikationsfähigkeit verlieren, weil sie die Frequenz falsch verstanden haben. Nach meiner Erwartung eines Benutzerinterfaces müsste das da rot leuchten mit der Warnung „He, Du hast 118.05 eingestellt, solltest aber 118.205 haben! Willst Du mal tauschen?“ – um dann per Knopfdruck zwischen Soll und Ist hin- und herzuwechseln. Das kann doch nicht sein, dass die da im Taubflug fliegen, weil die die Frequenz falsch eingestellt haben, obwohl keine Sonderbedingungen herrschten und der Tower die ganz normale, im Chart angegebene Frequenz benutzte.
Nun habe ich gelesen, dass die Maschine schon über 30 Jahre alt war und 2014 zur Frachtmaschine umgebaut worden war, also sicherlich kein topmodernes Cockpit hatte, aber ab und zu werden ja auch die Cockpits überholt und modernisiert.
Vom Fliegen habe ich zuwenig Ahnung, aber als Informatiker leuchtet mir nicht ein, wieso man Benutzerinterfaces hinnimmt, die solche Fehler gestatten oder überhaupt noch Frequenzen verbal übermittel und manuell eingibt, die dem Soll-Wert nach Chart entsprechen. Schön und gut, dass die das zur Kontrolle nochmal ansagen, aber eigentlich müsste der doch von vornherein auf dem Display sehen „118.205 ab hier“, und die immer dazusagen, ob normale oder abnormale Frequenz, und der dann merken „Hoppla, da stimmt was nicht“, und nochmal nachfragen.
Und selbst wenn es kurzfristige Änderungen der Frequenz gegenüber dem Chart gäbe (was ja durchaus möglich sein und seine Gründe haben könnte):
Im Prinzip müssten diese Änderungen doch digital per NOTAM vorher bekannt gegeben werden, und während der Flugvorbereitung vom Rechner angezeigt werden können (Achtung, in Vilnius ist der Funk gestört, die nehmen für zwei Tage 118.05 statt 118.205!), oder sogar noch während des Fluges per Satelliten-Internet. Achtung, hier kommt eine NOTAM-Meldung rein, die den Flug betrifft: Funkfrequenz geändert.
Oder hier eben: Nichts geändert, alles normal. Worauf der Bordcomputer dem Funker anzeigen müsste: He, Du hast die falsche Frequenz eingestellt! Drücke hier, um zwischen der Soll-Frequenz und der gewählten hin- und herzuschalten.
Kann doch nicht sein, dass im Jahr 2024 ein Flugzeug die Kommunikation verliert, weil die die Frequenz falsch einstellen.
Und zu GPS:
Meines Wissens verwenden die im Landeanflug kein GPS mehr, sondern die Funkfeuer und ILS. Steht ja auch in den Charts. (Ich habe vor 20 Jahren mal beim Essen in Neuseeland zufällig mit einem australischen Verkehrspiloten am Tisch gesessen und mich mit dem über das Fliegen unterhalten, und der fluchte ziemlich darüber, dass in Australien zu viele Piloten nicht mehr funknavigieren könnten, sondern nur noch per GPS flögen.)
Mich irritiert nun aber das: IAF MIZOP. IAF steht wohl für Initial Approach Fix, das ist so eine feste Marke, über die man den Landeanflug anfliegt, wenn ich das richtig verstanden habe. Und dann haben sie noch den IAF/MAHF EKSAM (MAHF = Missed Approach Holding Fix) Und da steht oben auf dem Chart
EKSAM, MIZOP initial approach segments and missed approach GNSS REQUIRED
GNSS steht für Global Navigation Satellite Systems und ist die Sammelbezeichnung für GPS (USA), GLONASS (Russland), Galileo (Europa) und Beidou (China).
War das nicht mal so, dass die IAF eigentlich ein Funkfeuer und eine angegebene Frequenz haben, damit man die präzise anfliegen kann?
Verstehe ich das jetzt richtig, dass die das dort nicht haben und den Punkt per GPS anfliegen? Ausgerechnet in einer Gegend, in der die Russen das GPS stören?
Da könnte man auf Gedanken kommen.
Allerdings: Laut bisherigem Wissen hatten sie kein Problem mit der Position, die war richtig. Und die Höhe haben sie laut Funkverkehr barometrisch und nicht per GPS gemessen. Sie hatten Probleme mit der Geschwindigkeit, und die wird per Staurohr gemessen.
Das passt alles noch nicht zusammen.
Aber es riecht nach einem Absturz der Kategorie „Verknüpfung verschiedener kleiner Fehler, die für sich alleine alle nicht schlimm wären.“