Meine Wasserrohre sind seit zwei Jahren außer Betrieb
*Seufz*
Ich hatte geschrieben, dass ich damals im Studentenwohnheim HaDiKo so um 1994 herum, kurz vor meinem Auszug wegen Studienende, noch an den Anfängen der Internetverkabelung mitgemacht haben, ohne allerdings das jeweils fertig erlebt zu haben und nutzen zu können. Von mir kam damals der Vorschlag, die Häuser mit nicht verbuddelten Kabeln, sondern mit Kunststoffwasserrohren zu verbinden, durch die wir die Kabel durchziehen und auch austauschen können. Die aktive Truppe hatte dann sofort solche Leitungen gekauft (weil ziemlich billig zu haben) und Experimente angestellt, ob man da eine Schnur und damit ein Kabel durchziehen kann. Das Experiment, eine Schnur an einen Weinkorken zu binden und mit dem Staubsauger durchzusaugen, und an der Schnur ein Kabel hinterherzuziehen, hat auf Anhieb verblüffend gut funktioniert, und das sogar, als das Rohr noch zur Rolle aufgewickelt und nicht gerade war.
Beim Verlegen habe ich zwar noch zugeschaut, aber nicht mehr mitgemacht, weil dazu einer in einen verdammt engen, langen, horizontalen Schacht im K1 kriechen musste, und das war nichts für mich. Auf welchem Weg man das K1 mit dem K2 verbindet, war nicht meine Entscheidung – aber da gab es eigentlich nichts zu entscheiden, weil wir einfach die kürzeste Verbindung zwischen den Häusern K1 und K2, genauer gesagt, dem Schacht im K1 und dem als Netzwerkraum vorgesehenen Raum im K2 genommen haben, um das zu testen. Die Verkabelung und Inbetriebnahme, und die Anbindung von K3, K4 und K5 habe ich nicht mehr selbst miterlebt, nur von Bekannten gehört „Hat geklappt“.
Ich hatte geäußert, dass es mich sehr interessieren würde, ob die Wasserrohre noch in Betrieb sind und ob die so lange gehalten haben – ist ja nun über 30 Jahre her.
Nun bekam ich auf seltsamen Umwegen Auskunft zu dieser Frage aus dem HaDiKo:
Kannst ja berichten, dass seine alten Wasserrohre (müste 2022 gewesen sein) komplett durch neue Leerrohre ersetzt wurden, da immer wieder welche vom Kabelsuchgerät Typ Bagger gefunden wurden bei Bauarbeiten und es dadurch zu Ausfällen kam (Begründung der Baufirma: die Seien nicht nach Standard verlegt und hätten da nicht sein dürfen).
Prinzipiell lagen da aber bis vor kurzem noch die Netzwerkkabel drin.
Glasfaser im Hadiko geht aktuell nur bis zu den Hausverteilern bzw. den Verteilern in den Gebäudeflügeln. Von dort aus wird weiterhin in Kupfer bis zu den Zimmern und APs verteilt.
K6 ist per Richtfunk angebunden.
Inzwschen wusste auch keiner mehr wo die Kabel und Leerrohre verliefen. Es waren nur noch grobe schätzungen.
Naja, ich will es mal so sagen: Um Standards haben wir uns damals nicht so gekümmert, zumal es für Internetkabel damals auch noch keine Standards gab (zumindest haben weder die Bauingenieure, noch die Elektrotechniker, von denen wir ja genug hatten, irgendwas davon gesagt oder gewusst), wir hatten da mehr so eine pragmatische, erforschende, experimentelle Herangehensweise. Es gab ja auch 1994 noch kaum jemanden, der wusste, wie man Netzwerkkabel verlegt. (vgl. meine Erzählung vom Informatik-Neubau, und in vielen Neubauten der letzten 15 Jahre in Berlin ist die Verkabelung bis zur Unbenutzbarkeit vermurkst.)
Es freut mich trotzdem zu hören, dass „meine“ Wasserrohre immerhin 28 Jahre lang gehalten haben. Nicht vieles in der IT hält 28 Jahre, und eine rot-grüne Regierung gerade mal drei.
Wer wissen will, wie man das heute so macht, ich habe ein schönes Video der Stadtwerke Werl über das Einziehen, besser gesagt, „Einjetten“ von Glasfaserkabeln gefunden:
Die Telekom hat auch eins:
Also eigentlich machen die das immer noch so, wie ich das vor 30 Jahren als Student mal vorgeschlagen hatte, nämlich Kabel durch Plastikrohre ziehen. Nur sind die Rohre und die Kabel heute dünner, und heute wird geblasen, während wir damals noch mit dem Staubsauger einen Weinkorken durchgesaugt haben.