Wie man sozialunfähige Woke baut: Eine entsetzliche Familie.
Nur eine Erinnerung.
Mir ging bei den Artikeln über sozialunfähige Feministen und Linke ein Vorgang, eine Erinnerung durch den Kopf. Eigentlich eine Petitesse, die nicht weiter erwähnenswert wäre – wenn sie nicht so symptomatisch-pathologisch für den Zeitgeist wäre.
Ich fliege ja hin und wieder.
Neulich ist mir dabei etwas passiert. Oder besser gesagt, ich habe etwas erlebt. Oder man sollte sagen, beobachtet.
Beim Einsteigen fiel mir schon eine Familie, eine ganz seltsame Sippe auf. Mehrere Leute, junge Männer, die irgendwie zusammengehörten, offenbar Brüder, ich hatte sie so auf vielleicht 18 bis 23 geschätzt, also in der Aduleszenz, mit Bartwuchs. Auffällig zusammengehörend, aber nicht negativ auffällig.
Negativ auffällig aber der Vater.
Ein Brocken von Mann, groß, auffällig, breit, von ausladender Motorik, sehr extrovertiert, laut gesprächig, intensive Mimik, das sind so Leute, bei denen sich alles um sie drehen muss, die sofort auffallen, wenn sie den Raum betreten – aber nicht positiv. Leute, die so alles bestimmen wollen. Und: So ein permanentes Grinsen im Gesicht. Ich mag das überhaupt nicht, wenn Leute ohne erkennbaren Grund ihre Umgebung angrinsen. Erinnert mich an das Von-der-Leyen-Wundstarrkrampf-Grinsen. Ich fühle mich da irgendwie so auf Mimik-Ebene angebrüllt. Als würde mir jemand permanent ins Ohr schreien, nur eben in die Amygdala, statt ins Ohr. Dieses „Platz da, jetzt kommen wir“-Selbstverständnis.
Ich hatte dann das Pech, dass der Vater ausgerechnet direkt vor mir saß. Dazu muss ich zum Verständnis sagen, dass ich direkt am Gang, rechts vom Gang saß, auf einem Platz mit einer Nummer D. Vor mir der Vater. Rechts neben mir am übernächsten Platz, am Fenster, einer der erwachsenen Söhne.
Hinter mir ein anderer der erwachsenen Söhne. Im Flieger verteilt noch weitere, große Sippe, nur anscheinend ohne Mutti.
Irgendwie kam mir die Situation schon beim Besetzen des Platzes komisch vor, denn ich musste nochmal aufstehen, weil die nach mir kamen, um eben den, der rechts neben mir am Fenster saß, reinzulassen.
Dabei fiel mir auf, dass sich der – erwachsene – Sohn hinter mir beim Verstauen seines Trolley-Koffers im Gepäckfach über den Köpfen nicht sehr geschickt anstellte. Es war genug Platz da, aber in diesem Platz lag ein Mantel, den jemand reingelegt hatte, im Weg. Eigentlich keine Sache, der Kerl war größer als ich, das wäre ein Handgriff gewesen. Aber irgendwie schien ihn das schon zu fordern. Papa war sofort zur Stelle mit Micro-Management. „Schieb’ den Mantel nach links zur Seite. Ja, genau so. Jetzt schiebst Du den Koffer rein…“.
Ich habe mich nur gewundert. Wie ein erwachsener, gesunder, junger Mann sich so schwer damit tun kann, einen Koffer zu verstauen, und wie ein Vater seinen erwachsenen Sohn anleiten kann, als wäre der ein 6 oder 8-Jähriger.
Ich habe aber nichts gesagt.
Vater ist Grobmotoriker. Ausladende Bewegungen. Raumgreifend. Besitzgreifend. Und damit meine ich wirklich weit, der Kerl war groß.
Und: Der Vater benahm sich, als wäre er zuhause im Wohnzimmer. Keine Rücksichtnahme oder sowas.
Trotz kaltem Wetter in Flipflops, während des Fluges barfuß. Andere haben seine Käsfüß hinzunehmen, er fühlt sich wohl.
Dazu ein ausgeprägtes Maurerdekollete, denn so breit der Hintern, so wenig wollte die Schlabberjogginghose da bleiben, wo sie hingehörte. Das wäre nicht ganz so schlimm gewesen, wenn er nicht ständig herumgesprungen und aufgestanden hätte, und dabei mit seiner exponierten Hinterritze anderen vor dem Gesicht herumgewedelt hätte. Interessiert Vadder nicht.
Ich habe nichts gesagt.
Es fällt ihm schwer, auch nur 10 Minuten ruhig sitzen zu bleiben. Fast unmöglich. Während fast des ganzen Fluges ständig aufstehen, und weil er groß und schwer ist und sich jedesmal am Sitz abstützt, wackelt der ganze Sitz und damit mein Tisch. Sechs, sieben, acht Mal kurz hintereinander muss er an seinen Rucksack im Gepäckfach, um sich dann wieder zu setzen, und kurz drauf geht es von Neuem los. Vater verteilt in der Sippe die Bluetooth-Kopfhörer. Oder steht einfach nur auf, um sich herumzudrehen, um mit der Sippe hinter ihm über den Flieger verteilt Sichtkontakt zu halten und zu feixen.
Es geht einem ziemlich auf die Nerven, wenn vor einem ständig einer aufsteht und nach hinten grinst und feixt wie ein Scheinwerfer. Und sich nicht, wie jeder andere, einfach auf seinen Arsch setzen und Ruhe geben kann.
Ich habe aber nichts gesagt.
Sehr viel gesagt hat dafür die Cabin Crew. Die wollten nämlich mit ihren Verkaufsgondeln hin und her, und denen stand er nicht nur permanent im Wege, sondern war auch nicht in der Lage, beim Aufstehen drei Sekunden zu warten, bis sie vorbei waren. Die Stewardessen waren dann auch nicht mehr freundlich, sondern herrschten ihn mehrfach, dann sogar ziemlich barsch an, er möge sich setzen oder in den freien Platz gegenüber stellen, damit sie vorbei können.
Das schien der nicht zu begreifen. Aber nicht als intellektuelles Problem, sondern als charakterliches. Der führte sich auf, wie in seinem Wohnzimmer. Er macht, was er will, und alle anderen haben zu warten und ihm Platz zu machen. Die Cabin Crew sah das ganz anders. Die war der Auffassung, dass sein Hintern in seinen verdammten Sitz gehöre und da auch bleiben möge, solange er keinen triftigen Grund hat, diesen zu verlassen. Er möge ihnen nicht dauern im Wege rumstehen.
Außer seinen erwachsenen Söhnen hatte der noch ein Kind dabei.
Kein kleines Kind. So vielleicht um die 10 oder 11 Jahre, ich kann mich verschätzen. Ich habe es einige Zeit für einen langhaarigen Jungen gehalten, ohne eigentlich darüber nachzudenken und mich festzulegen, und mich immer mehr gewundert, warum der so komische goldene Schuhe anhatte, wie man sie von Mädchen kennt und Papa so gerne geküsst hat, auch auf den Mund. Wie ich später erfuhr, war es eine Tochter.
Obwohl besagte Tochter, die ich für einen Sohn oder einfach ein unbestimmtes Kind gehalten habe, aber eben kein kleines Kind war, sondern auch schon größer, eigentlich ein paar Reihen weiter hinten saß, war sie ständig im Gang bei Papa. Die konnte nämlich auch keine paar Minuten auf dem Hintern sitzen bleiben. Die hielt das nicht ohne ihren Vater aus.
Alle anderen Leute in der Maschine verhielten sich völlig ruhig und normal, wie gesittete Leute im Flugzeug eben. Auch die erwachsenen Söhne fielen nicht weiter auf, aber dieses Gespann aus Vater und Tochter gab keine Ruhe. Ständig hoch und runter, vor und zurück, hampeln, schmusen, drücken, feixen, rumlümmeln, weiß der Teufel.
Ich fand das fürchterlich, unfassbar aufdringlich. Sehr störend.
Aber ich habe nichts gesagt.
Ich saß auf meinem Platz, hatte meinen Tablet-Rechner auf den Klapptisch gestellt, und dann Noise-Cancelation-Ohrstöpsel drin und einen Film gesehen. Deshalb habe ich nicht gehört, was um mich herum vor sich ging, und, weil ich auf den Film achtete, auch optisch nicht mitbekommen, was um mich herum geschah.
Völlig ohne Vorwarnung und völlig unvermittelt schoss der Arm der Tochter, die ich zu dem Zeitpunkt noch für einen Jungen hielt, so einen Zentimeter vor meiner Nase und meinen Augen vorbei, weil sie sich ohne Vorwarnung quer über meinen Tisch, zwischen mir und meinem Tablet hindurch, zum großen Bruder rüberlehnte, der am Fensterplatz rechts neben mir saß. Um ihm irgendwas zu geben, von ihm zu holen, zu schmusen, weiß der Teufel. Genau wie der Vater mit seinem Maurerdekollete überhaupt keine Rücksicht auf andere genommen, hoppla, jetzt kommen wir.
Aber ich habe nichts gesagt.
Und einfach meinen Film geschaut.
Eine Weile später wiederholt sich der Vorgang.
Das Mädchen, das ich noch für einen Jungen in Mädchenschuhen gehalten habe, beugt sich wieder ohne Vorwarnung rüber, wischt mir mit dem Ärmel durch das Gesicht, was sie aber überhaupt nicht interessierte, überhaupt keine Wahrnehmung dafür, dass sie andere belästigt.
Und: Es dauerte länger. Es hörte nicht auf. Ich bekam die Sicht auf mein Tablet nicht mehr und hatte gerade eine sehr spannende Szene verpasst, aber die dachte gar nicht daran, aus meinem Gesicht zu gehen.
Also habe ich was gesagt.
„He! Ich schaue hier gerade einen Film! … Geht’s noch!?“
Das Mädchen, die ich noch für einen Jungen gehalten habe, sprang wie von der Tarantel gestochen, zurück, als würde sie rückwärts auf den freien Sitz gegenüber Papa geworfen, und starrte mich völlig entsetzt an.
Die Situation kam mir bekannt vor. Ich hatte Euch mal eine Geschichte von meiner neongelben Tarnjacke erzählt, in der mich die Leute nicht mehr wahrnehmen, selbst wenn ich direkt vor ihnen stehe, und eine Frau, die in der Bäckereischlange hinter mir stand, auf die Aufforderung des Verkäufers „Der Nächste“ kaufen wollte, ich dann sagte, Moment, ich bin erst einmal dran, und die wie vom Schlag getroffen guckte, als hätte ich mich aus blanker Luft vor ihr materialisiert, und sei vorher nicht da gewesen, obwohl ich mit einer leuchtenden signalgelben Warnjacke direkt vor ihr stand. Die hatte mich als Personal, als Arbeiter wahrgenommen, komplett ausgeblendet. Überhaupt nicht wahrgenommen, bis ich mich herumdrehte, sie mein Gesicht sah und ich zu ihr sprach. Bis ihr Hirn mich auf sozialer Ebene wahrnahm. Oder wie die oft beschriebenen Frauen, die Bewegungen nicht erfassen und extrapolieren können, und erst dann mit Schrecken merken, dass sie im Weg stehen, wenn man sie anspricht, weil die Wahrnehmung erst über die soziale Interaktion initiiert wird, aber die andere Menschen nicht sehen, solange keine soziale Interaktion stattfindet. Als könnten sie andere Menschen nur über die Sozialfunktion wahrnehmen. Der Effekt, den ich so oft von linken und feministischen Konferenzen beschrieben hatte, die auf mich den Eindruck machten, als fehlte was vom Hirn, funktional oder organisch.
Genau das war hier passiert.
Das Mädchen, das ich zu dem Zeitpunkt noch für einen Jungen hielt, guckte mich völlig entsetzt an, als sei von einem Augenblick auf den anderen auf einem leeren Sitz ein Monster materialisiert. Als sei die Wahrnehmung meiner Person unterblieben, weil ich vorher nichts sagte und die auch nicht anguckte, sondern nur ruhig und bewegungslos auf mein Display guckte, die nur aus den Augenwinkeln herumhampeln sah, und erst dann in ihrem Hirn aufgetaucht, als ich sprach und grimmig guckte.
Soviel stand fest: Das Kind war nicht erzogen.
Weil das Kind aber offenbar auf meine Ansprache sehr deutlich reagiert und bemerkt hatte, dass ich existiere und mich sowas stößt, und ich meinen Film auch nicht angehalten und die Ohrstöpsel drin hatte, hielt ich die Sache für erledigt und habe wieder auf meinen Bildschirm gesehen, um den Film weiter zu gucken.
So etwa 5 bis 10 Minuten später wurde der Vater deutlich aktiv, stand auf, sagte auch irgendwas, was ich wegen der Ohrstöpsel nicht verstand, ich guckte aber auch nicht auf.
Plötzlich wedelte der mit einer Hand zwischen meinen Augen und dem Bildschirm hin und her, der wollte offenbar irgendwas von mir. Steht mit einem Bein vor seinem Sitz, mit dem anderen im Gang, so nach hinten zu mir über seine Lehne gebeugt, so von oben herab.
Und es war klar: Der suchte Streit.
Ich also den Film angehalten und die Stöpsel aus den Ohren gepflückt, und einen Blick wie ein gereizter Büffel aufgesetzt.
Was ich mit seiner Tochter gemacht hätte. (Ach, es ist ein Mädchen? Das erklärt die lächerlichen Schuhe und die Papa-Küsserei.)
„Gar nichts. Was soll ich mit der gemacht haben?“
Ich solle mir seine Tochter anschauen, die sitze da und heule. Ich müsse doch irgendwas mit der gemacht haben.
Ich schaue bewusst nicht hin, um den Vater nicht aus den Augen zu lassen, es interessiert mich auch nicht, ob die heult.
„Ihr Tochter ist mir zwei Mal durch das Gesicht gefahren, und ich habe ihr gesagt, sie solle das bleiben lassen. Man hat nicht anderen Leuten durchs Gesicht zu fahren! Und das darf ich ja wohl, ist ja mein Gesicht.“ (Anscheinend hat Töchterchen zum ersten Mal in ihrem Leben ein „Hör auf damit“ bekommen.)
Papa kocht hoch. Widerrede ist auch er nicht gewohnt. Die Situation wird brenzlig. Die Stewardess guckt. Der Sohn rechts am Fenster inverveniert. „Papa, reg’ Dich nicht auf, das lohnt sich nicht!“ Anscheinend ist dem Sohnemann am Fenster das väterliche Gemüt wohlbekannt.
„Das ist meine Tochter!“
„Und es ist mein Gesicht! Und über mein Gesicht entscheide ich und nicht Ihre Tochter.“
Er regt sich auf, es stehe mir nicht zu, seine Tochter in diesem Ton anzusprechen. „Ach, Ihre Tochter kann sich nicht benehmen, und alle anderen haben das hinzunehmen?“
Er geht hoch wie Rakete. Was mir einfiele zu sagen, seine Tochter könne sich nicht benehmen.
Ich greife in die Rhetorik-Waffenkiste und wende die Methode an, die Schussrichtung zu wechseln und von der Tochter auf ihn als Gegner zu wechseln, um den aus der Vater-schützt-Tochter-Position zu schieben.
„Ihr Tochter kann sich nicht benehmen, weil sie nicht erzogen wurde. Sie sind offenbar nicht in der Lage, ein Kind zu erziehen. Denn wenn Sie als Vater in der Lage wären, ein Kind zu erziehen, dann wäre das ja gar nicht passiert, dann würde sie so etwas ja nicht machen.
Wirkungstreffer. Damit kann er nicht umgehen. Der sah sich in der Position des starken Vaters, der seine Tochter gegen alles und jeden beschützt, und ich habe das herumgedreht: Tochter nur in Gefahr, weil Vater ein Versager ist und nicht auf sie aufpassen kann.
Er versucht es mit Argumentation. Ich müsse froh sein, dass sie mir nur durchs Gesicht gefahren sei, denn der Sohn am Fenster habe Hunger gehabt, und sie habe aus der Bordküche etwas für ihn geholt. Hätte sie das nicht getan, hätte er ja selbst gehen und ich dafür sogar aufstehen müssen. Das sei ja alles nur zu meinem Besten. (Tonfall: Wir können auch ganz anders. Wir können auch aufstehen und uns selbst Essen holen, dann müssen Sie auch aufstehen. Ha!)
Ich merke, dass die völlig unerfahren sind, was das Fliegen angeht, und sich auch deshalb benehmen wie im Wohnzimmer zuhause. Denn erstens gibt es dafür eine Ruftaste über den Sitzen. Und zweitens soll man Essen per Handy und Bluetooth vom Sitz aus direkt aus dem Menü bestellen. Ein Handy hat er, benutzt er auch die ganze Zeit, aber wohl die App der Fluglinie nicht drauf.
Ich dachte aber, dass solche Erklärungen für die Sippe viel zu kompliziert sind und bleibe bei einfachen, robusten Angriffen.
„SIE SIND NICHT IN DER LAGE, EIN KIND ZU ERZIEHEN, SONST WÜRDE SO ETWAS NICHT ERST GAR NICHT PASSIEREN! WÄREN SIE EIN VATER, KÄME IHRE TOCHTER NICHT IN SOLCHE SITUATIONEN!“
Damit kann er nichts anfangen, es trifft ihn aber. Mittschiffs.
Er beschimpft mich, aber nur noch in Notverteidigung: „Sie sind lächerlich!“
Ich: „Dann lachen Sie doch!“
„SIE SIND LÄCHERLICH!“
„Warum lachen Sie dann nicht?“
„SIE SIND SO LÄCHERLICH!“
„Dann würden Sie ja lachen. Drehen Sie sich wieder um, setzten Sie sich hin und lachen Sie über mich.“
Er gibt auf und setzt sich wieder, dem Sohn am Fenster ist es abgrundtief peinlich. Die Stewardess im Hintergrund ist froh, dass der Typ sich endlich wieder setzt.
Ende der Geschichte, danach ist nichts mehr passiert. Beim Aussteigen haben sie mich keines Blickes gewürdigt.
Natürlich habe ich darüber nachgedacht.
Bei einem drei- oder fünfjährigen Kind hätte ich nichts gesagt, aber das wäre auch gar nicht so hoch gekommen, mir vor den Augen herumzuwischen und sich quer über zwei Sitze zu lehnen.
Ich musste an die Kinderschauspielerin Helena Zengel denken. An deren Film „Systemsprenger“, in dem sie ein unerziehbares Mädchen spielt.
Nur: Das Mädchen im Flugzeug war nicht unerziehbar. Das war einfach nicht erzogen.
Ein unerziehbares Kind hätte auf meine Ansprache gar nicht oder mit Trotz reagiert und mich noch mehr provoziert.
Der Vorgang an sich, dass eine einfache Ansprache, und die war wirklich nicht sonderlich böse oder laut, sondern nur die allererste Höflichkeitswarnstufe, nachdem ich beim ersten Mal gar nichts gesagt hatte, derartige Wirkung erzielt und zum Heulanfall führte, ist für mich ein Zeichen, dass dieses Kind noch nie Widerrede erfahren hat. Big Daddy hat wohl alles für die freigeboxt.
Was mir grotesk erscheint, denn das Mädchen war, obwohl relativ groß, auf einem Benehmensentwicklungsstand wie ein kleines Kind. Aber nicht behindert, oder ein kleines Kind. Nur eben keinerlei Impulskontrolle, völlig unbeherrscht, überhaupt nicht gewöhnt, mal eine Weile ruhig zu sitzen, ohne Papa auszukommen, oder zu wissen, dass man andere Leute nicht belästigt, weil die das nicht mögen. Völlig egozentrisch. Ich kenne aus dem Bekanntenkreis ein Mädchen derselben Größe, kaum oder gar nicht älter, mit der kann ich mich unterhalten wie mit einem Erwachsenen und diskutiere über Videomischpulte und Fernreisen. Die ist prima erzogen.
Dazu die Szene aus dem Einsteigen, als Papa per Micromanagement einem ausgewachsenen, erwachsenen Sohn erklären muss, wie man einen Koffer in das Gepäckfach legt, wenn da schon ein Mantel drin ist.
Schrecklich. Ganz schrecklich.
Mir ging auf dem weiteren Weg die Frage durch den Kopf, wie dieses Kind jemals sozial- oder gar arbeitsfähig sein soll.
Die kann sich nicht benehmen, die kann nicht auf andere Rücksicht nehmen, die nimmt andere außerhalb ihrer Hyperinteraktion gar nicht erst wahr, und wenn einer sagt „Hör auf damit“ ist sie wie vom Schlag getroffen und bekommt einen Heulkrampf. Weil der Vater ein Erziehungsversager ist.
Ich hatte den Eindruck, dass ich da mit fünf Worten zu der mehr Erziehungsarbeit geleistet habe, als der Vater in deren ganzem Leben. Denn danach hat die Ruhe gegeben. Die kam zwar dann später, auffällig viel später nochmal zu Papa, aber leise und unauffällig. (Ich dachte mir so: Na also, geht doch. Die ist nicht schwer erziehbar. Es hat nur noch keiner versucht. Die hat noch nie eine Ansage bekommen. Ansagen haben immer nur die anderen bekommen, dass sie vor Töchterchen zu kuschen haben.)
Sowas ist mir vor Jahren schon mal passiert. Im Zug neben mir Mutter und Sohn, Mutter völlig überfordert, Söhnchen tobt und tyrannisiert alle, provoziert, macht Krach, hyperaktiv, Mutter kann ihn nicht im Zaun halten. Ich dann irgendwann zu dem im rauhen Ton: „Ey! Setz Dich gefälligst hin und halt’ die Klappe und die Knochen ruhig!“ Der sitzt und gibt Ruhe. Mutti später total dankbar zu mir „Danke! Das hätte ich nie geschafft!“ Damals dachte ich mir, da fehlt ein Vater. Kennt Ihr den Film „Der Kindergarten-Cop“ mit Schwarzenegger? Die Szene im Flugzeug mit dem Bleistift? Aber beim hier beschriebenen Vorgang habe ich es ja selbst erlebt, dass auch ein (anscheinend alleinerziehender) unfähiger Vater auch alles versauen kann.
Wie nämlich sollte einer ein Kind erziehen können, der sich schon selbst nicht benehmen, nicht mal seinen Hintern in der Hose halten, keine fünf Minuten still sitzen kann? Der fünf, sechs, sieben Mal kurz hintereinander seinen Rucksack aus dem Gepäckfach holen muss um alles herauszusuchen, was er braucht? Aber seine erwachsenen Kinder per Micromanagement überwacht und bei Trivialitäten anleitet? Woher soll es kommen?
Wie soll dieses Mädchen jemals an einer Universität, an einem Arbeitsplatz mit anderen klarkommen, sich in ein Team eingliedern können?
Mit so einem Vater hat man doch von vornherein verloren.
Und dann wundert man sich, woher die woken Psychos an den Universitäten kommen, die vor jedem Buch und Film ihre „Trigger-Warning“ brauchen und dazu Safe Spaces mit Kätzchen- und Welpenfotos. Das sind solche Erziehungswracks, die in ihrem ganzen Leben noch keine Leitplanke, keine Anleitung, keine Richtschnur, und vor allem nie Widerrede, nie ein Verbot bekommen haben.
Und mit den Söhnen sieht es auch nicht viel besser aus.
Obwohl alle schon erwachsen und bärtig, bekommt der eine seinen Koffer am Mantel nicht vorbei, und der andere ist zu doof, ohne Hilfe seiner kleinen Schwester Essen zu bestellen, indem er einfach den Knopf drückt, der genau dafür da ist. Oder zu bestellen, wenn die gerade mit ihre Futtergondel vorbei kommen.
Die ganze Familie machte keinen realitätstauglichen Eindruck auf mich.
Und dann hat man vielleicht eine Firma und soll mit solchen Leuten als Personal klarkommen.