Vom Ruf, den Deutschland mal hatte, aber verspielt hat
Eine Anmerkung.
Beschreibt recht schön, welchen Ruf Deutschland mal hatte, sich mal erarbeitet hatte:
How countries deal with problems pic.twitter.com/UYZy5RkN8M
— NO CONTEXT HUMANS (@HumansNoContext) January 14, 2025
Ist mir auch mal so passiert. Ich war ja nach der Uni-Zeit beim Internet-Provider Xlink, der dann aufgekauft und mit je einem Provider vieler anderer europäischen Länder zu KPNQwest verschmolzen wurde und letztlich aufgrund haarsträubender Fehler und abgrundtiefen Versagens der Unternehmensführung in den Niederlanden in die Insolvenz gerissen wurde, obwohl der deutsche Teil Gewinn machte.
Aber für zwei Jahre hatten wir einige Abenteuer mit den „Kollegen“ (=zwangsvereinigten) anderer europäischer Provider, wobei da natürlich unterschiedliche Mentalitäten und Arbeitsweisen aufeinanderprallten. Und das war nicht immer schön. So richtig lustig und spaßig habe ich eigentlich nur die Italiener in Erinnerung, mit denen habe ich immer viel Spaß gehabt. Distanziert, trocken, ernst, humorlos, aber sachlich und professionell die Briten. Einige so chaotisch, dass man sie kaum erreichen konnte. Ich weiß noch, dass mal bei uns irgendein Alarmruf reinkam, weil irgendwo im Land X (ich weiß es nicht mehr, ich habe so dumpf in Erinnerung, dass es Frankreich war, aber bin mir nicht mehr sicher) irgendwo ein totaaaaal wichtiger Server ausgefallen war, irgendwas von der Regierung oder so, staatstragend und extrem wichtig, und die dort beim Provider niemanden erreicht hatten, und in ihrer Not uns als deutsche Filiale ergoogelt und kontaktiert hatten, ob wir weiterhelfen konnten. Nein, konnten wir auch nicht, keinerlei Kontaktadresse, keine Telefonnummer, gar nichts bekannt. Die hatten es nicht nötig, irgendwem mitzuteilen, wie man sie erreicht. Wir haben es dann spät nachts geschafft, das so heftig nach oben zu eskalieren, dass irgendeiner im Vorstand in Den Haag in seinem Handy irgendeine Telefonnummer von irgendeinem Vorstand in Frankreich fand, den aus dem Bett geklingelt und rund gemacht hat.
Was man immer wieder merkte: Die Deutschen war im Unternehmen geachtet und hatten einen Ruf, waren aber (außer bei den Italienern) richtig unbeliebt und galten als schwierig. Aber: Wir galten als die besten. Wenn man nicht mehr weiter wusste (aber erst dann) fragte man die Deutschen. Ich hatte Fälle in Irland, USA, Nordeuropa, für die man uns gerufen hatte, weil „die Kacke so richtig am dampfen“ war, sie Mist gebaut hatten und nicht mehr weiter wussten, und jedesmal in ihrer Not zum Äußersten griffen: Die Deutschen fragen.
Alle drei Fälle konnte ich lösen – leider sogar remote, ohne hinreisen zu müssen/können. Von Karlsruhe aus. Die Kollegen hatten ähnliche Erfahrungen. Was unseren Ruf gefestigt hat und uns insgeheim amüsierte. In solchen Fällen sind wir dann immer aufgetreten wie Darth Vader. Auch um den Kunden gegenüber zu demonstrieren, dass man nicht einfach nur einen gefragt hatte, der was wusste, sondern dass man den Fall so ernst nahm und sich sich so bitterernst darum bemühte, dass man die Deutschen anforderte. Das war immer so der Hammer gegenüber den Kunden: Oh mein Gott, er hat die Deutschen gerufen. Und dann: Die Deutschen kommen, lösen das Problem und gehen wieder.
Das ist lange vorbei.
Heute ist Deutschland zur internationalen Witznummer verkommen, in dem alles in Bürokratie und Unfähigkeit ersäuft, alles endlos ausdiskutiert werden muss (und bevor es ausdiskutiert wurde neue Diskutanten dazu kommen und es von vorne anfängt). Wir sind nicht mal mehr in der Lage, den Status Quo zu erhalten.
Wir lösen nicht nur keine Probleme, wir machen uns Probleme, die wir gar nicht hatten.
Und bei gelösten Problemen schaffen wir die Lösung ab, um die Probleme wieder zu haben.