Ansichten eines Informatikers

Die DDR und das Internet

Hadmut
16.1.2025 14:19

Nur so ein hypothetischer Gedanke.

Diese „Was-wäre-wenn“-Überlegungen sind immer dann eigentlich nutzlos, wenn sie zu viele Hypothesen beinhalten. Einzelne Annahmen oder auch zwei in Verbindungen sind sehr nützlich und müssen sein. Etwa Brandschutz: Was wäre, wenn es im Treppenhaus brennt? Oder auch sonst in der Sicherheit: Was wäre, wenn im Landeanflug die Hydraulik ausfällt?

Ab einer gewissen Zahl, Größe, Entfernung, Unbestimmtheit, Absurdität der Hypothesen verliert das aber an Sinn und Substanz. Was wäre, wenn es morgen Goldstücke regnete? Absurd. Oder: Was wäre, wenn morgen hier Außerirdische landeten? Kommt auf die Außerirdischen an. Und dann müssten sie durch die ganze Asylbürokratie und es käme darauf an, ob sie vorher ihre Reisepässe im All über Bord geworfen haben.

Eine Frage, die ich als Kind manchmal gehört habe: Was wäre, wenn morgen die Welt unterginge? Ja, dann wäre eben gar nichts mehr.

Was wäre, wenn ab morgen nichts mehr wäre?

Diese Was-wäre-wenn-Fragen sind absurd und führen zu keinem konkreten Ergebnis, trotzdem können sie eine nette Übung sein, sich das Hirn zu wetzen.

Mein Blogger-Tag beginnt bekanntlich morgens im Bad.

Im Sitzen nehme ich die Presse und die Social Media zur Kenntnis. Um im Anschluss daran die Spülung auch im übertragenen Sinne zu betätigen. Im Stehen bilden sich sodann – besonders unter Einwirkung warmen Wassers – Gedanken, worüber ich heute schreibe.

Heute ging mir das Gefasel Robert Habecks von Sozialabgaben auf Kapitaleinkünfte durch den Kopf und dass viele in Presse und Social Media ihn und die Grünen dafür (wieder) für inkompetent halten, dass die einfach von irgendwas daherschwätzen, was sie selbst nicht verstehen und nicht abschätzen können.

Quality is a myth.

Der wesentliche Unterschied zwischen Grünen und Grabräubern ist, dass die Grabräuber wenigstens warten, bis man tot ist.

Die Grünen wollen eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaft, eine Sowjetunion, und dazu ist ihnen jedes Mittel recht.

Aber was wäre, wenn?

Mir ging die Frage durch den Kopf, wie eine sozialistische Gesellschaft heute aussehen würde.

Wie etwa die DDR, wenn man hypothetisch annimmt, die DDR wäre 89 nicht zusammengebrochen, sondern hätte weiterbestanden, der ganze Ostblock wäre erhalten geblieben.

Die Frage ist zu hypothetisch, denn die DDR war schon von der Bau- und Wohnsubstanz so marode und am Ende, dass die nicht hätte weiterexistieren können. Aber nehmen wir mal – hypothetisch – an, die hätten das irgendwie hinbekommen, oder blenden wir das Thema einfach mal so aus.

Die Frage ist dann nicht zu beantworten, ohne dass man auch Annahmen über China macht. China ist von elementarer Bedeutung. In den 80er Jahren war China noch ein Entwicklungsland, und auf billigstem Plastikmist aus dem Kaugummiautomaten stand „Made in HongKong“ – Brandzeichen für billigsten Müll, der nichts taugt. Hatte man eine Trillerpfeife aus HongKong, konnte man darauf wetten, dass sie entweder gar nicht pfeift, die Kugel darin fehlt oder sie beim dritten Blasen auseinanderfällt.

Heute ist das bekanntlich anders. China ist Technologieland, und es kommt zwar immer noch viel minderwertiger Ramsch aus China, aber inzwischen eben auch viele sehr hochwertige, tadellose Dinge. China hat sehr viel gelernt und sich enorm gemacht.

Nehmen wir also hypothetisch und willkürlich an, China hätte sich in seinem Lern- und Industrieprozess so verhalten, wie es sich verhalten hat, sei aber einem bestehenden Ostblock weiter zugeneigt gewesen.

Was wäre mit der DDR passiert? Was wäre ein typisches Grünen-Land heute?

Wenn man die Frage der Finanzierung (die sich unter sozialistischen Bruderländern auch nur bedingt stellt) gelöst hätte, dann bin ich mir sicher, dass die DDR durchaus einen Technologieschub als Abnehmer chinesischer Waren erfahren hätte.

Ohne Zweifel hätte man das Fernsehen auf DVB und Flachbildschirme umgestellt, denn es ist nicht nur billiger und platzsparender, es baut ja auch niemand mehr Röhrenfernseher. Und was Medien angeht, war die DDR immer bemüht, modern auszusehen, und die Kostenersparnis hätten die gern mitgenommen. Zweifellos hätte man die Fernsehstudios modernisiert und würde in FullHD oder 4K produzieren und ausstrahlen, schon weil es drunter ja nichts mehr an Geräten zu kaufen gibt. Vermutlich hätte jeder Haushalt einen 32-Zoll-Fernseher, nicht zu groß, nicht zu klein. Das ist im Handel die Größe, bei der „Smart TV“ anfängt.

Vermutlich würde man Autos – oder Autofabriken – aus China oder Indien beziehen. Den Trabant hätte man längst nicht mehr bauen und sich den Unterhalt und die Abgase auch nicht mehr leisten können. Irgendeine abgespeckte Version. Ich hatte doch neulich mal so einen abgespeckten Pickup erwähnt, der im Original bei 50.000 Euro erst losgeht und nach oben offen ist, den sie da in einer sehr reduzierten Grundversion in Asien für um die 10.000 anbieten. War das nicht der Toyota Hilux Champ? Sehr einfach, funktioniert aber, erfüllt seinen Zweck und sieht auch noch schick aus. Leser schrieben mir, die Dinger gingen dort weg wie warme Semmeln, seien extrem beliebt, die bauten da alles draus. So etwas in der Art hätte man auch in der DDR eingesetzt, als Nachfolger der Barkas.

Ich bin mir auch sicher, dass es ein Mobilfunknetz gäbe. Von den Chinesen fertig hingestellt. (Zypern ist im Prinzip eine einzige Huawei-Installation.) Natürlich überwacht und Auslandsgespräche nur ins kommunistische Bruderland. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder DDR-Bürger ein – einfaches – Smartphone hätte. Ungefähr so etwas, was man bei uns in der 100-Euro-Klasse beim Discounter bekommt.

Und ich bin mir sicher, dass es in der DDR auch ein Internet gäbe – natürlich nicht mit allgemeinem Zugang zu West-Seiten. Entweder hätte man 4G oder 5G-Router ausgeteilt, einen pro Haus, und das über das Mobilfunknetz betrieben, oder in einer Hauruck-Aktion per 5-Jahresplan eine Stadt nach der anderen mit Glasfaser verkabelt, was ja an sich gar nicht so teuer ist, sondern Bagger- und Arbeitskraft kostet. Die Glasfasern selbst sind nicht so das Ding.

So sehr die DDR den Westen und den Kapitalismus hasste – man wird der DDR nicht abstreiten können, dass sie (wenn auch mit höchstens sehr diskutablem Erfolg) sehr um Effizienz im sozialistischen Sinne bemüht war, möglichst viel mit möglichst wenig Aufwand zu erzielen. Und der Effizienzgewinn einer Kommunikationsinfrastruktur gegenüber einer Arbeiter-fährt-zur-Firma-Struktur ist kaum zu bestreiten.

Vermutlich hätte auch jeder Haushalt einen sozialistischen Computer etwa im Stile eines Raspberry Pi 400, und es durchaus ein sozialistisches Angebot der Medien und Behörden gegeben. Denn das Argument des eingesparten Aufwandes und der Effizienz hätte auch die Genossen überzeugt.

Natürlich würde man Microsoft und Apple ablehnen und hätte höchstvermutlich ein sozialistisches Betriebssystem auf Plagiatsbasis von Linux gebaut, wie es das auch in China gibt. Es gäbe eine sozialistische Linux-Distribution. Und vermutlich sogar einige pfiffige Programme. Vermutlich hätte man Red Hat oder Debian plagiiert und einen Ableger daraus gebaut.

Und mit Sicherheit hätten auch das DDR-Fernsehen und das Politbüro „Mediatheken“ mit allen Reden des Genossen Staatsratsvorsitzenden.

Ich bin mir auch sicher, dass man sich das Konzept des Online-Shoppings angesehen hätte. Amazon und so weiter. Denn man war zwar antikapitaliatisch, aber effizienzbemüht. Und der Umstand, dass sich Online-Bestellung mit Lieferung als effizienter herausgestellt hat, als Ladengeschäfte, zu denen man hinfahren muss, wäre mit Sicherheit a) nicht unbemerkt gelieben und b) auf gedankliche Beachtung gestoßen. Denn immerhin lässt sich auch eine Mängelwirtschaft verbessern, indem die Mangelware nicht mehr in Läden herumsteht, sondern – wie beim Trabant – Bestelllisten geführt und dann ab Werk abgearbeitet werden. Anstatt täglich in den Läden zu fragen, ob Kloschüsseln oder Bohrmaschinen reingekommen sind, würde man sich online eine bestellen und sie dann irgendwann zugeteilt bekommen.

Es ist eine interessante Frage, wie sich die DDR entwickelt hätte, wenn sie weiter existiert hätte.

Ich halte es sogar für wahrscheinlich, dass manche Aspekte der Digitalisierung formal schneller und wirksamer abgelaufen wären als bei uns. Man hätte da nicht um Datenschutz diskutiert und ewig rumgemacht. In der aktuellen Kamera wäre gelobpreist worden, dass der Genosse Staatsratsvorsitzende bekannt gegeben habe, dass als Errungenschaft des Sozialismus ab morgen alle Behördengänge jetzt per Computer von zuhause aus erfolgen, und basta. Man hätte noch irgendeinen volkseigenen Betrieb für Computer für seine Planübererfüllung gelobt. Es hätte zwar dann tatsächlich noch Monate oder Jahre gedauert, bis das funktioniert, aber immer noch besser als bei uns hier.

Ich denke, dass die moderne IT-Technik – natürlich ohne den Zugang zu westlichen Medien und Webseiten – durchaus ein wichtiges Thema im Sozialismus gewesen wäre und denen gut ins Konzept gepasst hätte – wirtschaftlich und ideologisch. Und dass der ganze Ostblock zusammen auch ziemlich sicher seine eigene Linux-Distribution gebaut hätte. China hat ja auch eine. Und auch eigene Alternativen zu Android und Amazon.

Komischerwiese sieht man so etwas bei den Grünen nur bedingt. Windräder ja, Elektrofahrräder auch, aber ansonsten sie sind technikfeindlich.