Hören Sie auf zu filmen und bringen Sie sich in Sicherheit!
Schönes Beispiel.
Ich habe jahrelang eine IT-Sicherheitsbelehrung für Mitarbeiter gehalten, und nur so neben auch was zum Brandschutz gesagt, obwohl das eigentlich nicht mein Ding ist, weil wir übereingekommen waren, dass die Firma nicht groß genug für einen eigenen Brandschutzbeauftragten sei und es sich auch nich nicht lohnt, die Mitarbeiter zu einer separaten Brandschutzbelehrung zu holen. Also habe ich immer hinten an die Belehrung noch 15 Minuten drangehängt zu Brandgefahren (beispielsweise anhand eines Fotos und wahrer Begebenheiten erklärt, dass und warum Steckdosen explodieren können, obwohl man meinen sollte, dass da nichts dran ist, was explodieren kann), erzählt, und natürlich Fluchtwege, welche Alarme es gibt, was machen, wo raus, wo sammeln und sowas alles.
Dazu hatte ich auch ein Bild, zwar aus dem Internet, aber sowas habe ich auch selbst schon in Südostasien in Gebäuden hängen sehen: Ein Brandschutzschild, dass man im Brandfalle zuerst rausrennen, und erst danach, draußen, twittern solle.
Ich habe dazu immer was erzählt, dass wir verlernt haben, uns von Gefahren zu entfernen, weil wir sie nur noch aus dem Fernsehen kennen. Statt wegzurennen, gehen wir auf Gefahren zu. Aus Neugier und Gaffertum. Aus sozialer Besserwisserei und moralischem Gerechtigkeitsbelehrungsfimmel. Um zu filmen.
Einer der frühen Blogartikel, mit denen mein Blog damals groß und bekannt geworden ist, war mein Kommentar zum Tod „der schönen Tugce“, weil auf dem Überwachungsvideo, das vor mir 7 Millionen Leute gesehen hatten, aber keiner darüber nachgedacht hat, zu sehen ist, dass nicht etwa, wie behauptet wurde, der Mann Tugce angegriffen hat, sondern sich zwei Männer prügelten, und die dumme Nuss, ohne jede Kampferfahrung und Kampfbefähigung, meinte, sich aus Gerechtigkeits- und Moralgründen einmischen zu müssen, auf die zuging, mitkeilen wollte, aber keinerlei Standvermögen hatte, bei ersten Wisch das Gleichgewicht verlor, blöd nach hinten fiel und mit dem Kopf auf dem Bordstein knallte. Bums, tot.
Wir sehen Gefahr, aber wir sind nicht mehr in der Lage, uns in Sicherheit zu bringen, sondern haben einen massiven Drang, an Gefahr teilzunehmen, um nichts zu verpassen und uns bei jeder Gerechtigkeitsgelegenheit einzubringen und für Gerechtigkeit zu sorgen und so weiter.
Wenn früher Frauen im Park ein Exhibitionist begegnet ist und sein Gebömmels gezeigt hat, dann sind die, wie sich das gehört, in Panik schreiend davongelaufen. Heute ziehen sie das Handy und machen Fotos oder ein Videointerview mit ihm.
Auch ein Foto, was ich in meinem Vortrag als Aufmacher hatte, war ein Foto von Frauen, die sich damals, als es damals in der Ukraine auf dem Majdan-Platz Kämpfe und Brände gab, vor dem Hintergrund der Brände ein Selfie-Foto machen, statt sich in Sicherheit zu bringen.
Aus der Maschine, die gerade in Toronto verunglückt und auf dem Dach gelandet ist, wobei glücklicherweise niemand gestorben und wohl niemand schwer verletzt worden ist, die aber immerhin auch ein bisschen brannte:
NEW: New footage shows passengers walking on the ceiling to escape the Delta jet that crashed in Toronto, Canada.
"Don't take a video. Put that phone away," a flight attendant could be heard saying.
Here is what we know so far:
– 15 people including a child were injured, at… pic.twitter.com/7FHt16WP2Q
— Collin Rugg (@CollinRugg) February 17, 2025
Man muss die Leute auffordern, sie sollen zu filmen aufhören und sich mit ihrer Flucht aus dem Wrack beschäftigen.
Schön auch, dass die Stewardess die Leute ermahnen muss, ihren Krempel liegen zu lassen und sich nur selbst in Sicherheit rauszubringen. Drop everything, drop it.
Ach ja, und es empfiehlt sich in Katastrophensituationen jedweder Art immer, möglichst oft „Fuck“ zu rufen. Das hilft.