Und das papierlose Büro kommt doch…
Man redete vor 10 oder 15 Jahren mal vom „papierlosen Büro”.
Dann passierte genau das Gegenteil: Die Verbreitung des PC, die Einführung von E-Mail und Internet in den Büros, und vor allem der Übergang von grünen gelochten Endlospapier und dem nervtötenden Nadeldrucker mit grausiger 8-Nadel-Schrift zum weißen A4-Papier und günstigen Laserdrucker, den es im Billig-Markt und im Supermarkt zu kaufen gibt, führten dazu, dass man viel mehr ausdruckte als vorher. Jede E-Mail wurde gedruckt, alles Zeugs heruntergeladen und ausgedruckt. Und wenn man etwas geschrieben hat, dann mindestens 8 Korrekturdrucke.
Inzwischen aber nimmt der Papierumsatz wieder ab. Ich beobachte es nicht nur beruflich, sondern auch bei mir selbst. Früher hatte ich einen erheblichen Papierumsatz und habe ein bis zweimal im Jahr allein für das Private einen Karton mit 2500 Blatt gekauft, mittlerweile hält bei mir eine Packung Paper mit 500 Seiten fast ein Jahr.
Früher hatte ich jede Menge Papiermappen, Ordner und Hefter in Gebrauch, die nicht nur viel Platz wegnahmen, sondern auch regelmäßig ersetzt werden mussten. Hab ich immer dann auf Vorrat gekauft, wenn sie gerade günstig im Angebot waren. Gerade habe ich festgestellt, dass ich das Zeugs immer noch in einem Umzugskarton habe und es eigentlich auch nicht mehr brauche. Ich nehme kaum noch Papier unterwegs mit.
Ich habe auch zwei Bindemaschinen, eine Thermo- und eine Ibico-Bindemaschine. Außerdem Monster-Locher für extreme Papierstapel und Monster-Heftmaschinen. Die waren mal intensiv in Gebrauch.
Dann habe ich sie einige Zeit nur noch verwendet, um gebundene Broschüren usw. auseinanderzunehmen, damit ich sie scannen und wegwerfen kann. Mittlerweile brauche ich die Bindemaschinen eigentlich gar nicht mehr. (Will jemand eine Ibico-Bindemaschine mit Bindematerial gebraucht kaufen?)
Die Zahl meiner Aktenordner ist auf ungefähr ein Drittel dessen gesunken, was ich in Hochzeiten hatte. Ich hab massenweise leere Ordner weggeworfen oder verschenkt.
Früher hatte ich ein ganzes Büro voller Bücherregale. Mittlerweile habe ich die Zahl der Bücher drastisch reduziert, und selbst von denen, die ich noch habe, habe ich die vielen beruflichen Fachbücher noch gar nicht ausgepackt, und brauche sie eigentlich auch kaum noch. Neue Bücher kaufe ich elektronisch. Und viele Informationen werden gar nicht mehr über die Publikationsform Buch (auch nicht elektronisch) verteilt.
Wie kommt das?
Eine Ursache ist sicherlich der technische Fortschritt. Schnelles Internet, Tablet-Computer, E-Book-Reader, hochauflösende, bessere Bildschirme. Leisere, billigere Computer. Höhere Verbreitung von Computern und Tablets in der Bevölkerung, die die digitale Verbreitung praktikabel machen.
Dann natürlich auch das erhöhte Angebot von Büchern usw. über Internet, aber auch die allgemeine Durchdringung, Rechnungen usw. elektronisch zu verschicken. Und die Bequemlichkeit, sich etwas zu bestellen und es *schnipp* sofort zu bekommen.
Dazu kommt aber auch eine Zeitgeiständerung. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit galt es als intellektuell, alles auf Papier zu haben und Bücher rumzuschleppen. Heute ist es intellektuell, nur noch ein iPad oder einen e-Book-Reader herumzutragen (welche es ja auch erst geben musste).
Faktisch ist es aber so, dass ich immer weniger Papier habe, verarbeite, verbrauche, erhalte.
Vielleicht nicht das papierlose, aber das papierarme Büro kommt.
17 Kommentare (RSS-Feed)
Ich besitze nur knapp zwei Regalmeter Bücher, habe allerdings auch kein Tablet oder Reader und plane auch bis auf weiteres keine Anschaffung in die Richtung. Bin also so richtig unintellektuell. 😉
Hauptverantwortlich ist vermutlich die bundesdeutsche Buchpreisbindung. Ich war früher mal eifriger Nutzer von Leihbibliotheken, bis die gesuchten Infos übers Netz leichter oder überhaupt erst verfügbar wurden und wesentlich aktueller waren.
Meine Computerkenntnisse kamen noch aus gedruckten Fachzeitschriften im Monatsabo, aber alles was ich bspw. im letzten Jahrzehnt über Geld- und Bankensystem mit anhängendem Marxismus-Feminismus und internationale Politik gelernt habe, kam zu 99 % über den Web-Browser und (übersichtlich zusammengefaßt) in wenigen ausgewählten Büchern. Die habe ich es dann auch gern in Druckform.
Die Erfahrungen mit dem privaten Schriftverkehr kann ich soweit auch bestätigen. Ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis man schließlich die privaten Briefkästen abschafft, zu 99 % liegt eh nur noch Werbepapiermüll drin.
“bis man schließlich die privaten Briefkästen abschafft, zu 99 % liegt eh nur noch Werbepapiermüll drin.”
Immerhin wird bei Papierbriefen nicht alles mitgelesen und bei allen möglichen Leuten mit schlechten Absichten archiviert.
Immerhin wird bei Papierbriefen nicht alles mitgelesen und bei allen möglichen Leuten mit schlechten Absichten archiviert.
Es werden nur die Verbindungsdaten erfaßt und vorratsdatengespeichert.
Es ist eben viel interessanter, wer “Junge Freiheit”, “eigentümlich frei” usw. im Abo bezieht und nicht, was da Geheimes drinsteht…
Also ich waere da deutlich skeptischer und weniger euphorisch bei dem Gedanken an ein papierloses Buero und in weiterer Konsequenz einer buchlosen, respektive rein digitalen Gesellschaft.
Bei aller Anerkennung der unbestreitbaren Vorteile elektronischer Medien, gruselt mich die Vorstellung doch ganz gewaltig.
Orwells Newspeak ist konsequent nur dann moeglich, wenn nichts in gedruckter Form vorliegt (alles Elektronische laesst sich leicht modifizieren…), ergo nichts mehr nachgewiesen werden kann, bzw. jedwede Aufzeichnung von Wissen jederzeit beliebig verfaelschbar ist.
Die Idee des papierlosen Bueros und der digitalisierung unseres Wissen und Kultur mag zwar keine von Genderisten erfundene Sache sein, sie ergaenzen sich aber hervorragend.
Komisch, mir faellt bei diesem Thema immer dies hier ein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Fahrenheit_451
Arbeit ist Scheiße. Scheißen ist Arbeit. In Japan ist die klopapierlose Toilette bereits Wirklichkeit, was die Bedienung offenkundig nicht vereinfacht hat. http://youtu.be/i9Z34115-So
Orwells Newspeak ist konsequent nur dann moeglich, wenn nichts in gedruckter Form vorliegt (alles Elektronische laesst sich leicht modifizieren…), ergo nichts mehr nachgewiesen werden kann, bzw. jedwede Aufzeichnung von Wissen jederzeit beliebig verfaelschbar ist.
Kennst Du Wikipedia? Dort ist das sogar das Hauptfeature der Software. Sicher nicht ganz zufällig…
Kann ich bestätigen. In meinem Büro steht ein revisionssicherer Server/Computer. Alle Papier-Unterlagen werden in PDF/A gescannt und redundant gespeichert. Alles was digital ins Büro kommt, überwiegend E-Mails, wird direkt als PDF/ auf Festplatte gedruckt. Private Unterlagen sind inzwischen ebenfalls mehrfach gesichert in digitaler Form gesichert. Ausdrucken muss man dann so gut wie gar nichts mehr. Papierverbrauch geht gegen nahezu null. Rechtlich ist alles einwandfrei, gesetzliche Fristen der Aufbewahrung werden eingehalten und übertroffen, das Finanzamt sieht das genauso. Alle Dokumente werden über Acrobat verschlagwortet – was ein wenig Disziplin erfordert, die Dokumentenkette in kategorielle Zuordnungsbegriffe zu zerlegen. Sucht man ein Dokument, gibt man wie bei Google ein paar Suchbegriffe ein und findet in Sekunden exakt alles wieder.
Anscheinend sind diese Möglichkeiten noch nicht bei vielen Firmen oder Privatleuten angekommen, aber der Weg ist eindeutig das Ziel.
Ich hab seit Anfang des Jahres den Versuch gestartet, das papierlose bzw. papierarme Büro ein zu richten.
Alles Unterlagen werden als farbige PDF / A abgelegt ( entweder als Scan oder wenn ich digitale Rechnungen bekomme). Abgelegt werden die PDF’s auf einen internen Server mit 2 USB – Festplatten Sicherungen ( einmal tägliche Sicherungen, einmal wöchentliche Sicherung ).
Ursprünglich habe ich das wegen den Unmengen von Bildern, Musik und eBooks gemacht, die ich hier habe, da fallen die PDF’s auch nicht mehr ins Gewicht.
Das Ursprüngliche Papier wandert in eine Karton und wenn der Karton voll ist, geht dieser in den Keller – Luft und Wasserdicht abgeschlossen.
Ich will einfach kein Papier mehr in meiner Wohnung haben.
Was das durchsuchen angeht: die PDF’s sind durch OCR indexierbar und werden dadurch von meinen Rechner erfasst. Wenn ich z.B. Nach “Telekom” suche, gibt er mir jedes Dokument wo Telekom als Wort enthalten ist auch an.
Falls jemand fragen sollte: zum Anfang habe ich knappe 3 Tage gebraucht um jedes Dokument der letzten 6 Jahre zu scannen …;(
Jetzt brauche ich nur noch knappe 30 min in der Woche …
Das ist meine Lösung, wenn Jemand eine andere, womöglich bessere hat, immer her damit.
Micha
Micha und ihr alle – was für Scanner benutzt ihr denn? Ich würde auch gerne auf papierlos umsteigen.
@Scanman:
Entschieden habe ich mich für den Canon P-215 .
Ich brauche vor allem eine mobile Lösung und die bietet das Gerät obwohl es “bessere” Scanner gibt, außerdem wird der Canon über USB 3 gesteuert ….
Ich hab bei einem Kunden das Fujitsu fi 61XX installiert und bin schlichtweg begeistert. Mein Canon ist zwar langsamer und nicht so genau mit der Papiertrennung aber bin vollständig zufrieden damit (zum Thema Papiertrennung: ich muß bei ca. 30 Sanns einmal manuell eingreifen).
Für die PDF’s habe ich Adobe Acrobat, was mit der eigenen OCR-Engine für mich ausreichend ist.
Micha
Danke Micha!
@Micha
Ich hoffe mal, die PDFs werden nicht mit JBIG2 komprimiert?
@Michael
Nein werden Sie nicht.
Laut der ISO Norm für PDF/a ist es ( wenn ich mich recht erinnere) JPEG2000.
PDF/a wurde für die Langzeitarchivierung zertifiziert (auch wenn das erst einmal nichts zu bedeuten hat) und war daher meine erste Wahl.
Wie schon gesagt, wenn Jemand einen besseren Weg hat: immer her damit…
Schönen Wochenanfang …
Micha
Wie war doch die Temperatur, in Fahrenheit…?
@Heinz
Genau deswegen gehen die Dokumente auch in den Keller und nicht in den Schredder … 😉
Micha
Das Problem des authentischen Archivierens ist bis heute de facto ungelöst. Dies führt zumindest in Firmen dazu, dass viel ausgedruckt werden muss, da nur dies wirklich Beweiskraft hat. -.-
Außerdem lässt sich ein gut sortiertes Papierbüro immer noch schneller durchsuchen, als mehr (oder eher weniger) sortierte digitale Dateien. Das Kategorisieren, bzw. das Taggen von Dateien ist (nämlich) zusätzliche Arbeit, die oft nicht richtig gemacht, bzw. vergessen wird.
Zumindest mir kommt es so vor, als ob die Leute von Computer immer erwarten, dass die alles automatisch machen.