Würdigung der akademischen Verdienste der CSU
Ich kann nicht umhin, die enormen akademischen Dienste der CSU zu würdigen.
Noch vor einigen Jahren waren »Wissenschaftler« und »Universitäten« in den Augen der Öffentlichkeit und der Presse unfehlbar, unkritisierbar, heilig.
Dann kam Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU, und plötzlich wussen alle, dass plagiiert wird. Zu Guttenberg’s Verdienst ist es, der Öffentlichkeit nahegebracht zu haben, dass plagiiert wird. So weit, so gut, aber die Journalie hat das seither immer so dargestellt, als wäre das Plagiat die einzige Form des Schwindels, und als läge das alles immer an den Doktoranden – die Professoren wären nie an etwas schuld. Unhaltbar.
Aber da: Die CSU stürmt schon wieder voran. Deren CSU-Generalsekretär hat eine lausige Dissertation geschrieben und auf fragwürdigem Wege durchgebracht, und plötzlich kommt auch die Presse drauf, dass es neben Plagiaten auch solche Dissertationen gibt, in denen einfach nur Müll steht.
Ob eine neue Ära der Überprüfung von Dissertationen anbricht?
8 Kommentare (RSS-Feed)
@Hadmut @Josh_
Ich bin grundsätzlich dafür, öffentlich finanzierte Publikationen grundsätzlich und ohne Möglichkeit der Ausnahme Open-Access (am besten unter Creative Commons) zu veröffentlichen.
Für mich stellt nur sich die Frage, ob man — da das ja ein “kleiner Doktor” ist (was sich ja offensichtlich stark vom “normalen” Doktor unterscheidet) — das überhaupt Dissertation nennen darf/sollte.
M.W. (Latein war nie meine große Stärke) heißt “Dissertation” ja v.a. “Erklärung”, von daher stimmt das natürlich irgendwie (naja, erklärt er da irgendwas?). Aber davon abgesehen, also in der juristischen Bedeutung von “Dissertation”, ist es das überhaupt? Ist es eine “kleine Dissertation”? Oder vielleicht nur eine “Arbeit”?
“Ob eine neue Ära der Überprüfung von Dissertationen anbricht?”
Das glaube ich nicht. Das Ganze hat selbstverständlich stark politische Hintergründe.
Wenn wirklich Disserstationen “grundlegend” überprüft würden, dürften tausende Professoren um ihre Pensionen fürchten.
Ich habe etliche Dissertationen und “wissenschaftliche Arbeiten” der Geisteswissenschaftler aus den 70igern gelesen und mußte feststellen, daß diese zu einem großen Teil wissenschaftlich und formal “unter aller Kanone” waren und nur dem damaligen Zeitgeist entsprechend angenommen, veröffentlicht und als Grundlage für (Hochschul-)Karrieren verwendet wurden.
Nachdem, was man der Schavan vorgeworfen hat, müßte ein sehr kalter Wind durch die Pensionsansprüche diverse Damen und Herren wehen.
@derherold
Bist du persönlich, also ohne jede Art von “correctness”, der Auffassung, dass Promotionen nicht geprüft werden sollten, unter der Annahme dass ebendiese Professoren wirklich ihre Pension verlieren würden?
Ich persönlich finde, wenn jemand so extrem schlecht war, dass ihm rückwirkend alles inkl. Professortitel und Pension aberkannt wird — dann habe ich keine Lust mit für seine Nonqualität zu zahlen (Sozialhilfe darf er schon noch bekommen, mehr muss IMO aber nicht sein).
In diesem Zusammenhang vielleicht interessant:
Seid ihr auch so genervt von diesen ganzen Dünnbrettbohrer-Doktorarbeiten? Stört euch das auch so, dass die Politiker alle nicht mehr zum Arbeiten kommen, weil sie sich Sorgen machen müssen, dass jemand eine Kopie ihrer Doktorarbeit liest? Keine Sorge, das ist bald vorbei: NRW hat eine innovative Lösung für das Politiker-Doktorarbeiten-Problem:
Politiker in Nordrhein-Westfalen […] haben ein neues Hochschulgesetz verfasst, das sie in Zukunft ermächtigt, Fakultäten an Universitäten das Promotionsrecht zu entziehen.
Mit anderen Worten: Wenn eine Fakultät Doktorarbeiten ehrlich bewertet und Plagiate zurückweist, dann wird sie schlicht zugemacht. Wo kommen wir da auch hin, wenn man sehen kann, was für
Zitatende, kopiert aus einen Fefe Blogeintrag…
Sorry, cut und paste Unfall, der letzte Satz ist verschütt gegangen:
Wo kommen wir da auch hin, wenn man sehen kann, was für Verlierer in der Politik arbeiten?
Es ist m.E. wie derherold schreibt.
Darüber hinaus ist genau die Möglichkeit eines sich durchsetzenden Zeitgeists das entscheidende Problem.
Solange es keine universell akzeptierten und in der Praxis anwendbaren Standards sowohl für wissenschaftliche Arbeiten als auch für den Prozess ihrer Erstellung gibt, wird weiter gemacht wie bisher: Wenn es opportun ist, setzt man eine Jägerschar daran, Plagiate oder handwerkliche Fehler zu finden, natürlich nur, um Schaden von der Wissenschaft abzuwenden. Das im Ergebnis Schavan für dieselben “Fehler”, die man bei Steinmeier auch findet, den Titel abgibt (Düsseldorf), während ihn Steinmeier behalten darf (Gießen): Tja, Pech, aber in Düsseldorf war man damals bestimmt schon strenger bei sowas. Womöglich.
Fazit: Wenn man wissen will, ob jemand was auf dem Kasten hat, sollte man in die Arbeiten mal reinlesen. Das Allermeiste ist durchaus recht zugänglich. Natürlich nur, wenn es sich nicht um diesen Esoterik-Mist handelt , den Hadmut hier öfter mal vollkommen zu recht verwünscht.
Selbstverständlich ist der von Scheuer erworbene Grad ( PhDr ) *nicht* der Doktorgrad ( Ph.D. ) des tschechischen Hochschulsystems. Das weiß auch jeder, wenigstens außerhalb der akademisch anscheinend etwas überforderten Bundesländern Berlin und Bayern, in denen man das offenbar dem “Dr.” gleichstellt.
Vor einiger Zeit hatte schon einmal ein Politiker eine ähnliche Täuschung mit dem Grad einer slowakischen Universität versucht, das war auch in diesem Blog (oder der Forschungsmafia) erwähnt.
Wenn man nach Scheuers Eintrag in
https://is.cuni.cz/studium/kdojekdo/index.php?do=detail&si=13457
geht, hat er sich wohl nur mal kurz für ein Jahr eingeschrieben, um sein Elaborat abzugeben.
Solange es dafuer keine kostenfreie, fuer jedermann einsehbare Datenbank gibt wohl eher nicht. Im Uebrigen wage ich die Vermutung, dass nach laengst ueberfaelliger Aenderung des untertaenig-deutschen, voellig bescheuerten Namensrechts die ganzen Polit- und Kasper-Blender mittelfristig ohnehin aus dem Raster fielen.