Die Betrügeraffinität des Bundestagspräsidenten Lammert
Wer Betrüger nicht ehrt, wird vom Bundestagspräsidenten abgestraft.
Vor einiger Zeit hatte ich hier im Blog Bundestagspräsident Norbert Lammert noch gelobt, weil er Kritik an der Hinterzimmermauschelei bei Verfassungsrichtern geäußert hat.
Ich ziehe mein Lob hiermit zurück. Denn bei Promotionen setzt sich Lammer nun für Betrug ein.
Als Rache für den Entzug von Annette Schavans Doktorgrad düppiert Lammert nun die Uni Düsseldorf, indem er einen Besuch absagt und sich beschwert, dass man nicht auf andere Professoren gehört hätte. Die Färbungen der Berichterstattung sind unterschiedlich.
DIE WELT meint, Lammert „solidarisierte” sich mit Schavan. Hört sich an wie Räuberbande, Solidarität unter Betrügern. (Hat eigentlich mal jemand Lammerts Dissertation überprüft?) Aber:
Wegen des Umgangs der Universität Düsseldorf mit dem Fall Annette Schavan hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eine Festrede zum 50. Jubiläum der Hochschule abgesagt. Lammert habe seine Zusage wieder zurückgezogen, teilte sein Sprecher auf Anfrage mit.
Lammert selbst erklärte in einem Schreiben an den Rektor der Universität, er habe “unterschätzt, welche Bedeutung das Verfahren zur Aberkennung des Doktorgrades von Annette Schavan noch immer nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch im Selbstverständnis der Düsseldorfer Hochschule hat”.
„im Selbstverständnis der Düsseldorfer Hochschule hat”? Wie ist denn das gemeint? Spielt er vielleicht darauf an, dass dort jetzt Uni-Intern den Rektor absägen und dafür sorgen, dass er nicht mehr wieder gewählt wird?
Lammert war wohl stinkbeleidigt, dass man den Entzug des Plagiats-Doktors auch noch für richtig halte:
Dabei verwies er unter anderem auf die “demonstrative Auszeichnung” von zwei Professoren, die bei dem Verfahren gegen die damalige Wissenschaftsministerin eine zentrale Rolle gespielt hatten. Ihn irritiere, “dass jegliche kritische Stimmen auch und gerade von hoch angesehenen Wissenschaftlern und aus den akademischen Spitzenverbänden ausnahmslos für eine unerwünschte Einmischung und unzulässige versuchte Einflussnahme erklärt werden”.
Auf Deutsch: Er ist angepisst darüber, dass die Korruptionsnetzwerke der Bundesregierung mal nicht funktioniert haben.
Man könnte auch mal die Gegenfrage stellen: Wann hätte denn der Bundestag auf „kritische Stimmen angesehener Wissenschaftler” gehört? Oder wann hätte der Bundestag seine Enquete-Kommissionen mit angesehen Wissenschaftlern besetzt?
Und warum sollte man auf die „Spitzenverbände” hören? Weil Schavan denen jahrelang Geld zugeworfen hat und die jetzt alle zuverlässig befangen sind?
Ähnlich schreibt auch DER WESTEN. Und der STERN. Was wieder mal zeigt, dass man eigentlich weitaus weniger Zeitungen benötigt, als es am Markt gibt.
Erstaunlicherweise ist es diesmal der Tagesspiegel, der das mal kritisch sieht, nämlich hier und hier. Da wird deftig beschrieben, welch saftige Kritik sich Lammert dafür eingefangen hat (bemerkenswert, dass es in diesem Lande überhaupt noch Kritik gibt). Etwa auch Kritik daran, dass sich die Wissenschaftsverbände ja selbst massiv korrupt gezeigt hatten und von der Politik gesteuert wurden.
Ich halte diesen Auftritt von Lammer für völlig daneben, peinlich und ein Merkmal der korrupten Durchseuchung des Bundestags.
Aus zwei Gründen:
Der erste Grund ist, dass sich aus dem Bundestag niemand, auch nicht Lammert, jemals für Leute eingesetzt hat, denen eine Promotion oder Professur zu Unrecht verweigert wurde. Nur für Betrüger wie Schavan setzen die sich ein. Was sagt das über die moralischen und intellektuellen Zustände im Bundestag?
Der zweite Grund ist, dass Lammert sich auch noch darüber aufregt, dass die Uni die beiden Professoren, die das Verfahren geführt haben, pro Forma ausgezeichnet haben. Darüber regt er sich auf.
Kein Wort ist aber von ihm dazu zu hören, dass die ertappte Wissenschaftsbetrügerin Schavan, die nicht mal einen Berufsabschluss hat und deshalb schon die formalen Anforderungen im diplomatischen Dienst nicht erfüllt, direkt und ohne Umweg oder Einarbeitung gleich auf die höchstbezahlte Diplomatenstelle im Vatikan gesetzt wird.
Über ne kleine, effektiv wertlose Auszeichnung regt der sich auf. Aber massive Korruption im Bundestag und die außenpolitische Beleidigung, einem anderen Staat eine erwiesene Betrügerin ohne Berufsausbildung und diplomatische Qualifikation zu schicken, das findet er in Ordnung.
Also kann man die Haltung des Bundestagspräsidenten wie folgt zusammenfassen:
- Promotionsbetrug: Gut
- Korrupte Wissenschaftsverbände: Auch gut
- Korruption bei der Besetzung von Diplomatenstellen und in der Außenpolitik: Super!
- Plagiate aufdecken: geht gar nicht
Boah, was sitzen da tolle Leute im Bundestag.
24 Kommentare (RSS-Feed)
Nun Lammert schließt von sich auf andere. In seinem eigenen Plagiatsverfahren ist ja die Uni Bochum eingeknickt. So also hätte auch das Verfahren gegen Schavan sein Ende finden müssen. Ergo geht er nicht zu den bösen Wissenschaftlern, die wissenschaftliches Arbeiten noch Ernst nehmen und gekasperlte Promotionen auch nach 3 Jahrzehnten aberkennen.
1) Lammert ist einer der ganz wenigen im Reichstag, der noch einen Rest von “Charakter” hat.
Das impliziert, daß man mit “solchen” nicht immer einverstanden sein muuß, ist aber 1000 mal besser, als die anderen, die fast nur noch Speichellecker sind.
Darum finde ich seine Absage konsequent und anerkennenswert.
2) Die Betrachtungsweise der Schavan/Promotion wird aus heutiger Sicht auf eine Zeit 34 Jahre zurück projiziert.
Da liegt das Problem.
Offensichtlich war damals (und lange danach) solcher Betrug gang und gäbe. Das muß man beim Verurteilen berücksichtigen.
NEIN – ich entschuldige das nicht. Und die Schavan fand ich schon immer zum Erbrechen.
3) Wo ist die Promotion des Merkels?
Als 200%-ige, weil Moskau-Studentin, wird sie schon ihre “Freunde” gehabt haben, die das beiseite geschafft haben.
> Lammert ist einer der ganz wenigen im Reichstag, der noch einen Rest von “Charakter” hat.
Das mag sein. Es ist aber ein sehr kleiner Rest.
“Hat eigentlich mal jemand Lammerts Dissertation überprüft?”
Da gibt’s anscheinend was…
http://lammertplag.wordpress.com/
Es ist doch ganz einfach:
Schafft diese deutsche (und mehr noch die extreme austriakische) Titel-Geilheit ab und das ganze Thema ist gegessen.
Ich weiß seit meinem kurzen Uni-Gastspiel Anfang der 70-iger, daß i.d.R. Uni-Titel NullKommaNix wert sind.
Und bei solchen, die das laut vor sich hertragen, war ich schon immer sehr vorsichtig.
“3) Wo ist die Promotion des Merkels?”
Haben schon diverse Leute gelesen. Geht IIRC um physikalische Chemie, irgendwelche Differentialgleichungen für Energieniveaus gelöst/angenähert.
Heute mit Computern trivial, damals wohl ein übliches Dissertationsthema.
Lammert hat auch schon bei der Offenlegung der Abgeordneten-Nebeneinkünfte gemauert. Offenbar sieht er sich als obersten Lobbyisten der Bundestags-Abgeordneten, zu denen ja auch Schavan gehörte.
[quote]„im Selbstverständnis der Düsseldorfer Hochschule hat”? Wie ist denn das gemeint? Spielt er vielleicht darauf an, dass dort jetzt Uni-Intern den Rektor absägen und dafür sorgen, dass er nicht mehr wieder gewählt wird?[/quote]
Der Rektor, der im Amt war als die Affäre begann ist schon weg. Rücktritt. Allerdings habe ich seinen Rücktritt bislang nicht damit in Zusammenhang gebracht. Man weiss allerdings nie.
Boah, was sitzen da tolle Leute im Bundestag.
Diejenigen die gewählt wurden. Wir sind eine Demokratie.
> Diejenigen die gewählt wurden. Wir sind eine Demokratie.
Huahahahaaa.
Erstens wurde noch nie durch eine Wahl aus einem Idioten ein Schlauer oder aus einem Korrupten ein Ehrlicher.
Zweitens hat das, was hier veranstaltet wird, mit Demokratie überhaupt nichts mehr zu tun. In einer Demokratie gäbe es beispielsweise solche Promotionsverfahren nicht (siehe Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht).
> Wo ist die Promotion des Merkels?
Zum Verbleib der Dissertation von Angela Merkel.
http://de.plagipedi.wikia.com/wiki/Merkel,_Angela:_Untersuchung_des_Mechanismus_von_Zerfallsreaktionen_mit_einfachem_Bindungsbruch_und_Berechnung_ihrer_Geschwindigkeitskonstanten_auf_der_Grundlage_quantenchemischer_und_statistischer_Methoden_%28Dissertation%29
Zu Angela Merkels Tätigkeit für Stasi und FDJ.
http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/Forum:Vergleich_der_Diplomarbeit_mit_der_Doktorarbeit_von_Angela_Merkel
Musste gerade lachen.
Merkels Moskaupromotion verschwunden? Abwarten…Putin soll ja mal gesagt haben “Also ICH hätte Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden.”
😀
Lammert riskiert eben nichts. Daran erkennt man Politiker heute: sie opfern nichts mehr für ihre Ideen, sondern nur noch für die Karriere, für die sie gar ihre Ideen hinopfern. Und vielleicht ist der Lammert der Merkel ein wenig zu sauer aufgestoßen mit seinen teils freimütigen Kommentaren und nun, was soll man sagen, hat er das gemacht, was alle Männer und Frauen in diesem Land angesichts der Merkel machen: sie bücken sich und halten das für einen Gewinn und weil sie nur ebenso duckmäusierische Freunde haben, sagt ihnen auch niemand, wie erzerbärmlich sie sich gerade ausnehmen. Das war bei der Schavan auch schon so. Lammert hat schon nach seinem Satz, daß er die digitale Überwachung mit Fassung trägt, alles gesagt, was er noch hätte sagen können. Er hätte ganz andere Sachen sagen können, aber bezogen auf die heutige deutsche Politik, hätte er nicht anders gekonnt. Und weil er schön weiter dabei bleiben will, sagt der Lutscher eben jetzt, was er zu sagen hat, nämlich daß die Schavan ne ganz tolle Kombüse für Politik ist, gleichviel wie kriminell sie ist. Und das ist ja auch die Wahrheit, denn (warum auch immer) diese Frau ist eine der Besten Freunde von der Merkel. Derzeit wird oder bleibt niemand etwas in diesem Land, wenn er Merkel gegen sich hat, weil er dann auch Springer gegen sich hat. Auch Lammert wird Dinge gemacht haben, deren Veröffentlichung nicht in seinem Interesse liegt und der Rest ist Standardprozedur. Mitmachen, maul halten, runterbücken, eben deutsch sein.
Ich muss mich korigieren: Lammert riskiert nichts MEHR.
In Lammerts Fall würde ich ausnahmsweise keine korrupten Seilschaften wittern, sondern ganz lapidar ein sehr persönliches Interesse an der Torpedierung künftiger Plagiarismusuntersuchungen: http://lammertplag.wordpress.com/
@Marcionit – wenn man nichts weiß, sollte man auch mal die Schnauze halten: “Wo ist die Promotion des Merkels? Als 200%-ige, weil Moskau-Studentin, wird sie schon ihre “Freunde” gehabt haben, die das beiseite geschafft haben.”
Hier ist der Link in den PlagiPedi: http://de.plagipedi.wikia.com/wiki/Merkel,_Angela:_Untersuchung_des_Mechanismus_von_Zerfallsreaktionen_mit_einfachem_Bindungsbruch_und_Berechnung_ihrer_Geschwindigkeitskonstanten_auf_der_Grundlage_quantenchemischer_und_statistischer_Methoden_(Dissertation)
Hier geht es um Physik, also um richtige Wissenschaft – da ist mit Cut&Paste kein Blumentopf zu gewinnen.
Die Plagiatsjäger scheinen sich an dem Projekt wohl die Zähne ausgebissen zu haben 😉 .
Marcionit:
zu 2. das sehe ich anders. Ergaunertes Geld kann ich ausgeben, dann ist es weg. Ein zusammenplagiierter Titel wird aber wieder und wieder benutzt. Da darf es keine Rolle spielen, wie lange das her ist. Und nur weil damals (und wohl bis heute) Betrug im Promotionsverfahren gang und gäbe ist, kann und darf man das bei der Beurteilung nicht berücksichtigen. Nur weil alle zu schnell Auto fahren, wird es davon trotzdem nicht legaler, wenn ich es tue.
@hadmut
Hauptsache jenen Tag neu herum poltern, aber ohne Stringenz in deiner Argumentation?!
https://www.danisch.de/blog/2014/04/26/lynchen-kommt-wieder-in-mode/#comment-42567
Schöne Grüße vom und an den digitalen Stammtisch… 😉
@ Bundeszentrale für politische Bildung
> Diejenigen die gewählt wurden. Wir sind eine Demokratie.
Zu eins: Zustimmung. Auch wenn wir dabei unter einer schlechten Kandiatenauswahl leiden.
Zu zwei: jain. Wir, das Volk, wählen Abgeordnete, insofern ja. Nur fühlen die sich nicht ihren Wählern verpflichtet, sondern ihrer Partei, wenn sie wieder aufgestellt werden wollen. Den Teil darf man wohl aus nicht demokratisch bezeichnen. Ergo fehlt nicht nur die Möglichkeit der generellan demokratischen Kontrolle des Parlaments, sondern auch die Möglichkeit Abgeordneten das Wählervertrauen zu entziehen. Was in unserer Parteiendiktatur wegen des (teilweisen) Verhältniswahlrechts natürlich nicht gehen darf.
Demokratische Grüße,
Euer Dirk
@ Hadmut
> In einer Demokratie gäbe es beispielsweise solche Promotionsverfahren nicht (siehe Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht).
Ich fürchte, da sind mit dir die Pferde durchgegangen. Promotionsverfahren und deren gesetzliche Ausgestaltung (und natürlich auch die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsgerichts) sind Sache der Rechtstaatlichkeit, die bekannter Weise nicht mit der Staatsform zusammenhängt. Aber das weist du ja und es ist dir nur aus Frust durchgerutscht. 😉
Rechtstaatliche Grüße,
Euer Dirk
@Bundeszentrale für politische Bildung:
> Diejenigen die gewählt wurden. Wir sind eine Demokratie.
Nein, ‘wir’ ‘sind’ eine Post-Demokratie.
http://www.amazon.de/Postdemokratie-suhrkamp-Colin-Crouch/dp/3518125400/ref=pd_cp_eb_0
NB: von wie viel Prozent der Wahlberechtigten wurde denn unsere letzte Regierung gewählt? Achso.
Besten Dank, die klassischen Einwände sind mir bekannt:
(1) Nein, ich kann NIEMAND anderes wählen, weil keine(r) der zur Wahl stehenden Parteien oder Kandidaten für mich eine Alternative erkennen läßt
(2) Nein, ich kann NICHT selbst eine Partei gründen und mich selbst zum Kanzler wählen lassen, weil ich den Menschen die Dinge darstellen würde, wie sie SIND, und nicht, wie sie (die Wähler) sie gerne hören würden. Damit bekommt man in einer Demokratie (!) leider keine Stimmen…
Jetz alles klar?
Nein, ich kann NICHT selbst eine Partei gründen
Kannst du. Auf den Wahlzettel bekommst du sie aber ohne Weiteres nicht.
und mich selbst zum Kanzler wählen lassen
Das ist völlig ausgeschlossen, da der Bundestag prinzipbedingt ausschließlich CDU/CSU- oder SPD-Kandidaten wählt.
Aber es gibt viele Leute, die das Wahlsystem der BRD nicht verstanden haben und glauben, sie könnten den “Kanzler” ankreuzen. Die staatlichen Propagandamedien erwecken ja auch gezielt diesen Eindruck…
Jetzt auch noch Zöllner und Frankenberg:
Dagegen zeigt der von der DFG angegriffene Judaist Rohrbacher, dass er eine Ehre hat:
“An der Uni Düsseldorf kursiert inzwischen eine Mail Rohrbachers an die DFG. Er reagiert darin auf die Bitte der DFG, an einem Begutachtungsverfahren mitzuwirken. Rohrbacher verweist aber auf die von der DFG angeprangerte „Unanständigkeit“ seines Vorgehens im Fall Schavan. Noch heute sei die Mitteilung der Allianz, der auch die DFG angehört, auf der Homepage der DFG sichtbar. Er werde darum nicht für die DFG gutachten, teilt Rohrbacher mit, schon damit die DFG keine ‘weitere öffentliche Erklärung wegen wissenschaftlicher Unanständigkeit im Begutachtungsverfahren herausgeben muss’.”
Gute Idee, die Doktorarbeit von Lammert mal einer Prüfung zu unterziehen.
Da gibt es doch einen Plagiatsjäger, der schon für kleines Geld eine Vorprüfung macht…..mal gucken….