Hadmut Danisch
Prüfungsrecht

Anforderungen an Prüfungsnormen

Gesetze

  • Zu den Gegenständen des Prüfungswesens, die dem Gesetzgeber zur eigenverantwortlichen Normierung aufgegeben sind, zählen ferner die Auswahl des Prüfungsstoffs und Maßgaben für die Bewertung der Prüfungsleistungen in den Grundzügen. Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit eines Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) ist, daß die Leistungsanforderungen in der Prüfung und die Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu bewerten sind, eine gesetzliche Grundlage aufweisen. Der Gesetzgeber muß jedoch auch diese Angelegenheiten nicht in den Einzelheiten selbst abschließend regeln. Er hat aber diejenigen Leitentscheidungen zu treffen, welche die Regelungsbefugnisse der zur konkreteren Rechtsetzung (durch Rechtsverordnung), aber auch zur Rechtsauslegung (einschließlich der "amtlichen" Auslegung durch Erlasse und sonstige Verwaltungsvorschriften) und Rechtsanwendung berufenen Verwaltung (einschließlich der Prüfer und Prüfungsbehörden) nach Tendenz und Programm umgrenzen und für den betroffenen Prüfling/Schüler berechenbar machen.

    Quelle: BVerfG, 1 BvR 1033/82 ; BVerfG_1BvR640_80; Niehues, Rn. 30

  • Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sondern die Pflicht des Gesetzgebers, die erforderlichen Regelungen über die konkrete Ausgestaltung des Verfahren des "Überdenkens" von Prüfungsentscheidungen als Teil des Prüfungsverfahrens zu schaffen.

    Quelle: BVerfG, BVerfGE 73,280 ; BVerwG_6C38_92

  • Insbesondere müssen in einer solchen Prüfung die Leistungsanforderungen und die Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu bewerten sind, gesetzlich geregelt sein (BVerfG, 1 BvR 419/81, 213/83 ). [...] Allein auf diese Weise kann in einer Demokratie das vom Volk gewählte Parlament als Gesetzgeber seiner Verwantwortung für das Gesamtwohl unter Beachtung der Grundrechte, Art. 1 III GG, gerecht werden. [...] Danach muß auch das Verfahren des "Überdenkens" von Prüfungsentscheidungen, soweit dies für einen effektiven Schutz des Grundrechts der Berufsfreiheit erforderlich ist, in seinen wesentlichen Merkmalen vom Gesetzgeber festgelegt werden.
  • Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, das Prüfungsverfahren so zu gestalten, daß es den Anforderungen aus Art. 12 I GG genügt; dazu gehört ein rechtzeitiges und wirkungsvolles "Überdenken" der Prüfungsentscheidung, insbesondere der prüfungsspezifischen Wertungen, aufgrund von substantiierten Einwänden des Prüflings.
  • ...Vielmehr folgt aus der vom BVerfG betonten "wesentlichen" Bedeutung der eigenständigen verwaltungsinternen Kontrolle von Prüfungsentscheidungen für die Verwirklichung des Grundrechts aus Art. 12 I GG, daß es Aufgabe und Pflicht des Gesetzgebers ist, die erforderlichen Regelungen über die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens des "Überdenkens" von Prüfungsentscheidungen als Teil des Prüfungsverfahrens zu schaffen (vgl. BVerfG, BVerfGE 73,280 ). Grundsätzlich bedürfen nämlich Vorschriften, die für die Aufnahme eines Berufs eine bestimmte Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis erworbener Fähigkeiten in Form einer Prüfung verlangen, einer gesetzlichen Grundlage, weil sie in die Freiheit der Berufswahl eingreifen und daher den Anforderungen des Art. 12 I GG genügen müssen. Insbesondere müssen in einer solchen Prüfung die Leistungsanforderungen und die Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu bewerten sind, gesetzlich geregelt sein (BVerfG, 1 BvR 419/81, 213/83 ). Das Erfordernis rechtssatzförmiger Regelung besteht darüber hinaus auch hinsichtlich der Gestaltung des Prüfungsverfahrens einschließlich des Verfahrens der Leistungsbewertung, soweit dieses - z. B. hinsichtlich seiner Mittel zur Erzielung größtmöglicher Bewertungsgerechtigkeit - für einen effektiven Grundrechtsschutz Bedeutung haben kann (BVerfG, 1 BvR 419/81, 213/83 , BVerfG, BVerfGE 73,280 ). Allein auf diese Weise kann in einer Demokratie das vom Volk gewählte Parlament als Gesetzgeber seiner Verantwortung für das Gesamtwohl unter Beachtung der Grundrechte, Art. 1 III GG, gerecht werden.
  • Zum notwendigen Inhalt siehe auch Niehues, Rn. 24, 30, 36

Prüfungsordnungen

  • § 51 Abs. 2 Universitätsgesetz Baden-Württemberg:

    "Hochschulprüfungsordnungen müssen insbesondere regeln ... 3. die Anforderungen in der Prüfung, ..."
  • Grundsätzlich wird der Prüfungsstoff von der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnung festgelegt und muß an Prüfungszweck und -ziel orientiert sein.

    Quelle: Fliegauf, Rn. 92

  • Es ist darauf hinzuweisen, daß viele Prüfungsordnungen, auch solche neueren Datums, die Vorgaben und Anforderungen der Rechtsprechung nicht oder nur unvollständig integriert haben.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat überdies den bzw. die Normgeber wiederholt aufgefordert, die notwendigen Anpassungen an die neue Rechtsprechung vorzunehmen. Solange dies nicht geschieht bzw. geschehen ist, ist die Kenntnis des Richterrechts um so wichtiger.

    Quelle: Fliegauf, Vorwort

  • Inhaltliche Mängel der Prüfungsordnung bewirken, daß diese rechtsungültig ist. Daraus folgt im allgemeinen, daß die beanstandete Prüfung einschließlich der Prüfungsentscheidung der erforderlichen rechtlichen Grundlage entbehrt und daher rechtswidrig ist. Dann muß die Entscheidung aufgehoben, die Prüfungsordnung geändert und der Prüfling nach Maßgabe der nunmehr inhaltlich fehlerfreien Prüfungsordnung erneut (als Erstprüfung) geprüft werden.

    Quelle: Niehues, Rn. 55

  • Siehe auch Niehues, Rn. 51, 54, 55