Freiheit von Forschung und Lehre
Mehr zur Freiheit von Forschung und Lehre ist in der Grundrechtsliteratur zu Art. 5 Abs. 3 GG zu finden, man sollte dazu aber die umfangreicheren Kommentare heranziehen.- Art. 5 Abs. 3 GG:
Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
- § 4 Abs. 3 Satz 3 Universitätsgesetz Baden-Württemberg:
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
- Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährt, wie sich aus Wortlaut
und Sinn ergibt, zunächst jedem Einzelnen, der in
Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig werden will
oder ist, ein Grundrecht auf freie wissenschaftliche
Betätigung.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 316/60 [263]
- Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistet dem
Wissenschaftler einen gegen Eingriffe des Staates
geschützten Freiraum, der vor allem die auf
wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden
Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem
Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und
Weitergabe umfaßt.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 424/71 u. 325/72
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erklärt Wissenschaft, Forschung und Lehre für frei. Damit ist nach Wortlaut und Sinngehalt eine objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm aufgestellt [...]. Zugleich gewährt die Verfassungsbestimmung für jeden, er in diesen Bereichen tätig ist, ein individuelles Freiheitsrecht (vgl. BVerfGE 30, 173 [188]).
Das in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene Freiheitsrecht schützt als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe und steht jedem zu, der wissenschaftlich tätig ist oder oder tätig werden will (vgl. BVerfGE 15, 256 [263]). Dieser Freiraum des Wissenschaftlers ist grundsätzlich ebenso vorbehaltlos geschützt, wie die Freiheit künstlerischer Betätigung gewährleistet ist. In ihm herrscht absolute Freiheit von jeder Ingerenz öffentlicher Gewalt. In diesen Freiheitsraum fallen vor allem die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe. Jeder, der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig ist, hat [...] ein Recht auf Abwehr jeder staatlichen Einwirkung auf den Prozeß der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Damit sich Forschung und Lehre ungehindert an dem Bemühen um Wahrheit als "etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes" (Wilhelm von Humboldt) ausrichten können, ist die Wissenschaft zu einem von staatlicher Fremdbestimmung freien Bereich persönlicher und autonomer Verantwortung des einzelnen Wissenschaftlers erklärt worden. Damit ist zugleich gesagt, daß Art. 5 Abs. 3 GG nicht eine bestimmte Auffassung von der Wissenschaft oder eine bestimmte Wissenschaftstheorie schützen will. Seine Freiheitsgarantie erstreckt sich vielmehr auf jede wissenschaftliche Tätigkeit, d. h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 424/71 u. 325/72 [112, 113]
Forschung als "die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen" (Bundesbericht Forschung III BTDrucks. V/4335 S. 4) bewirkt angesichts immer neuer Fragestellungen den Fortschritt der Wissenschaft; zugleich ist sie die notwendige Voraussetzung, um den Charakter der Lehre als der wissenschaftlich fundierten Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse zu gewährleisten. Andererseits befruchtet das in der Lehre stattfindende wissenschaftliche Gespräch wiederum die Forschungsarbeit.
Wie auch die Geschichte der Wissenschaftsfreiheit bestätigt, umfaßt die Freiheit der Forschung insbesondere die Fragestellung und die Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und seine Verbreitung; ...
Quelle: BVerfG, 1 BvR 424/71 u. 325/72 [113]
- Die Befugnis des einzelnen Grundrechtsträgers,
gegenüber der öffentlichen Gewalt die Beachtung der
wertentscheidenden Grundsatznorm durchsetzen zu
können, gehört zum Inhalt des Individualgrundrechts,
dessen Wirkungskraft dadurch verstärkt wird.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 424/71 u. 325/72 [116]
Jedem, der im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig ist, wird ein individuelles Freiheitsrecht gewährt, das als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe schützt. Dieser Freiraum des Wissenschaftlers ist grundsätzlich ohne Vorbehalt geschützt. In ihm herrscht Freiheit von jeder Ingerenz öffentlicher Gewalt, und zwar auch im Bereich der Teilhabe am öffentlichen Wissenschaftsbetrieb in den Universitäten. [...]
Damit sich Forschung und Lehre ungehindert an dem Bemühen um Wahrheit ausrichten können, ist die Wissenschaft zu einem von staatlicher Fremdbestimmung freien Bereich persönlicher und autonomer Verantwortung des einzelnen Wissenschaftlers erklärt worden. Damit wird zugleich zum Ausdruck gebracht, daß Art. 5 Abs. 3 GG nicht eine bestimmte Auffassung von der Wissenschaft oder eine bestimmte Wissenschaftstheorie schützen will. Seine Freiheitsgarantie erstreckt sich vielmehr auf jede wissenschaftliche Tätigkeit, d. h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglichen wissenschaftlichen Bemühens. Diese in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene Wertentscheidung beruht auf der Schlüsselfunktion, die einer freien Wissenschaft sowohl für die Selbstverwirklichung des einzelnen als auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zukommt.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 333/75 u. 174, 178, 191/71 [367]
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 schützt aber nicht eine bestimmte Auffassung von Wissenschaft oder eine bestimmte Wissenschaftstheorie. Das wäre mit der prinzipiellen Unvollständigkeit oder Unabgeschlossenheit unvereinbar, die der Wissenschaft trot des für sie konstitutiven Wahrheitsbezuges eignet (vgl. BVerfGE 35, 79 [113]; BVerfG, 1 BvR 333/75 u. 174, 178, 191/71 [367 f.]).
Der Schutz dieses Grundrechts hängt weder von der Richtigkeit der Methoden und Ergebnisse ab noch von der Stichhaltigkeit der Argumentation und Beweisführung oder der Vollständigkeit der Gesichtspunkte und Belege, die einem wissenschaftlichen Werk zugrunde liegen. [...] Die Wissenschaftsfreiheit schützt daher auch Mindermeinungen sowie Forschungsansätze und -ergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erweisen. Ebenso genießt unorthodoxes oder intuitives Vorgehen den Schutz des Grundrechts. Voraussetzung ist nur, daß es sich dabei um Wissenschaft handelt; darunter fällt alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter Versuch zur Ermittlung von Wahrheit anzusehen ist.
Quelle: vgl. BVerfG, 1 BvR 424/71 u. 325/72 [113]; BVerfG_1BvR333_75 [367]
- Studenten können sich auf die Wissenschaftsfreiheit
berufen, wenn sie wissenschaftlich tätig sind.
Quelle: BVerfG, BVerfGE 55,37 (67 f.)
- Forschung ist der nach Inhalt und Form ... ernsthafte
und planmäßige Versuch zu Ermittlung der Wahrheit.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 424/71 u. 325/72 (113); BVerfG_1BvR333_75 (367)
- Erfaßt wird auch die angewandte Forschung, nicht
jedoch die bloße Anwendung bereits bekannter
Erkenntnisse.
Quelle: BAGE 62,156/165
- Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit gibt nicht das
Recht, gegen eine bindende Anordnung der
Rechtsaufsichtsbehörde zu verstoßen.
Quelle: BVerwG, 7 B 233 u. 234/84
Die Lehrfreiheit des Hochschullehrers umfaßt zwar die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltungen, nicht aber ohne weiteres auch die Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen ein Leistungsnachweis erteilt wird. Diese Frage kann vielmehr, soweit sich dies unter Ausbildungsgesichtspunkten als nötig erweist, von der Universität in der für den jeweiligen Studiengang erlassenen Studienordnung geregelt werden. [...]
Ein durch seine Lehrfreiheit geschütztes Interesse des Antragstellers (Prüfers), die Voraussetzungen für die Erteilung des Leistungsnachweises ausschließlich nach eigenem Gutdünken festzulegen, besteht offensichtlich nicht. Denn die Frage nach diesen Voraussetzungen betrifft thematisch den Studienerfolg der Studenten und kann darum, soweit sich das unter Ausbildungsgesichtspunkten als nötig erweist, in der für den jeweiligen STudengang erlassenen Studienordnung geregelt werden. In Anbetracht ihres Inhalts und ihrer Zielrichtung ist eine solche Regelung [...] in erster Linie an dem Grundrecht der Studenten auf Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) zu messen.
Quelle: BVerwG, 7 NB 5/90