Anforderungen an Prüfungsnormen
Gesetze
- Zu den Gegenständen des Prüfungswesens, die dem
Gesetzgeber zur eigenverantwortlichen Normierung
aufgegeben sind, zählen ferner die Auswahl des
Prüfungsstoffs und Maßgaben für die Bewertung
der Prüfungsleistungen in den
Grundzügen. Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit
eines Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl
(Art. 12 Abs. 1 GG) ist, daß die
Leistungsanforderungen in der Prüfung und die
Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu
bewerten sind, eine gesetzliche Grundlage
aufweisen. Der Gesetzgeber muß jedoch auch diese
Angelegenheiten nicht in den Einzelheiten selbst
abschließend regeln. Er hat aber diejenigen
Leitentscheidungen zu treffen, welche die
Regelungsbefugnisse der zur konkreteren Rechtsetzung
(durch Rechtsverordnung), aber auch zur
Rechtsauslegung (einschließlich der "amtlichen"
Auslegung durch Erlasse und sonstige
Verwaltungsvorschriften) und Rechtsanwendung berufenen
Verwaltung (einschließlich der Prüfer und
Prüfungsbehörden) nach Tendenz und Programm umgrenzen
und für den betroffenen Prüfling/Schüler
berechenbar machen.
Quelle: BVerfG, 1 BvR 1033/82 ; BVerfG_1BvR640_80; Niehues, Rn. 30
- Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sondern die Pflicht
des Gesetzgebers, die erforderlichen Regelungen über die konkrete
Ausgestaltung des Verfahren des "Überdenkens" von
Prüfungsentscheidungen als Teil des Prüfungsverfahrens zu schaffen.
Quelle: BVerfG, BVerfGE 73,280 ; BVerwG_6C38_92
- Insbesondere müssen in einer solchen Prüfung die
Leistungsanforderungen und die Maßstäbe, nach denen die
erbrachten Leistungen zu bewerten sind, gesetzlich geregelt sein
(BVerfG, 1 BvR 419/81, 213/83 ). [...] Allein auf diese Weise kann in einer
Demokratie das vom Volk gewählte Parlament als Gesetzgeber
seiner Verwantwortung für das Gesamtwohl unter Beachtung der
Grundrechte, Art. 1 III GG, gerecht werden. [...] Danach muß
auch das Verfahren des "Überdenkens" von Prüfungsentscheidungen,
soweit dies für einen effektiven Schutz des Grundrechts der
Berufsfreiheit erforderlich ist, in seinen wesentlichen
Merkmalen vom Gesetzgeber festgelegt werden.
Quelle: BVerwG, 6 C 35/92
- Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, das Prüfungsverfahren so zu
gestalten, daß es den Anforderungen aus Art. 12 I GG genügt;
dazu gehört ein rechtzeitiges und wirkungsvolles "Überdenken"
der Prüfungsentscheidung, insbesondere der prüfungsspezifischen
Wertungen, aufgrund von substantiierten Einwänden des Prüflings.
Quelle: BVerwG, 6 C 35/92
- ...Vielmehr folgt aus der vom BVerfG betonten "wesentlichen"
Bedeutung der eigenständigen verwaltungsinternen Kontrolle von
Prüfungsentscheidungen für die Verwirklichung des Grundrechts
aus Art. 12 I GG, daß es Aufgabe und Pflicht des Gesetzgebers
ist, die erforderlichen Regelungen über die konkrete
Ausgestaltung des Verfahrens des "Überdenkens" von
Prüfungsentscheidungen als Teil des Prüfungsverfahrens zu
schaffen (vgl. BVerfG, BVerfGE 73,280 ). Grundsätzlich bedürfen nämlich
Vorschriften, die für die Aufnahme eines Berufs eine bestimmte
Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis erworbener Fähigkeiten in
Form einer Prüfung verlangen, einer gesetzlichen Grundlage, weil
sie in die Freiheit der Berufswahl eingreifen und daher den
Anforderungen des Art. 12 I GG genügen müssen. Insbesondere
müssen in einer solchen Prüfung die Leistungsanforderungen und
die Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu bewerten
sind, gesetzlich geregelt sein (BVerfG, 1 BvR 419/81, 213/83 ). Das Erfordernis
rechtssatzförmiger Regelung besteht darüber hinaus auch
hinsichtlich der Gestaltung des Prüfungsverfahrens
einschließlich des Verfahrens der Leistungsbewertung, soweit
dieses - z. B. hinsichtlich seiner Mittel zur Erzielung
größtmöglicher Bewertungsgerechtigkeit - für einen effektiven
Grundrechtsschutz Bedeutung haben kann (BVerfG, 1 BvR 419/81, 213/83 ,
BVerfG, BVerfGE 73,280 ). Allein auf diese Weise kann in einer Demokratie
das vom Volk gewählte Parlament als Gesetzgeber seiner
Verantwortung für das Gesamtwohl unter Beachtung der
Grundrechte, Art. 1 III GG, gerecht werden.
Quelle: BVerwG, 6 C 35/92
- Zum notwendigen Inhalt siehe auch Niehues, Rn. 24, 30, 36
Prüfungsordnungen
- § 51 Abs. 2 Universitätsgesetz Baden-Württemberg:
"Hochschulprüfungsordnungen müssen insbesondere regeln ... 3. die Anforderungen in der Prüfung, ..."
- Grundsätzlich wird der Prüfungsstoff von der
jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnung festgelegt
und muß an Prüfungszweck und -ziel orientiert
sein.
Quelle: Fliegauf, Rn. 92
- Es ist darauf hinzuweisen, daß viele
Prüfungsordnungen, auch solche neueren Datums, die
Vorgaben und Anforderungen der Rechtsprechung nicht
oder nur unvollständig integriert haben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat überdies den bzw. die Normgeber wiederholt aufgefordert, die notwendigen Anpassungen an die neue Rechtsprechung vorzunehmen. Solange dies nicht geschieht bzw. geschehen ist, ist die Kenntnis des Richterrechts um so wichtiger.
Quelle: Fliegauf, Vorwort
- Inhaltliche Mängel der Prüfungsordnung bewirken, daß
diese rechtsungültig ist. Daraus folgt im allgemeinen,
daß die beanstandete Prüfung einschließlich der
Prüfungsentscheidung der erforderlichen rechtlichen
Grundlage entbehrt und daher rechtswidrig ist. Dann
muß die Entscheidung aufgehoben, die Prüfungsordnung
geändert und der Prüfling nach Maßgabe der nunmehr
inhaltlich fehlerfreien Prüfungsordnung erneut (als
Erstprüfung) geprüft werden.
Quelle: Niehues, Rn. 55
- Siehe auch Niehues, Rn. 51, 54, 55